Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 18
zm 107, Nr. 18, 16.9.2017, (2034) Anamnestisch bestanden keine Schmerzen, der Befund sei tendenziell regredient. Weitere Erkrankungen bestanden bis auf Allergien keine, auch die Medikamenten- anamnese war blande bis auf die Einnahme homöopathischer Mittel. Bei der klinischen Untersuchung fiel eine kleine pigmentierte Veränderung an der Unterlippe rechts vor der wet line auf. Im Bereich des Zungenrandes links auf Höhe der Molaren konnte man eine Raumforde- rung sehen (Abbildung 1), die über das Zungenniveau hinausragte, umgeben von einer dezenten, eher sklerosierten Zone, wobei sich hier keine für ein Platten- epithelkarzinom typischen Teleangiektasien zeigten. Der Befund selbst zeigte eine nicht von normaler Schleimhaut überzogene, homogene Oberfläche ohne Fibrinablage- rungen. Am caudalen Pol wirkte die Ver- änderung ulzeriert. Palpatorisch waren der Befund wie das sklerotische Nachbarareal relativ weich. Eine Druckdolenz bestand nicht. In Lokalanästhesie wurde eine komplette Exzisionsbiopsie durchgeführt und das ent- nommene Präparat der histopathologischen Untersuchung zugeführt. Dort wurde die Diagnose eines pyogenen Granuloms ge- stellt. Diskussion Beim pyogenen Granulom handelt es sich um eine nicht neoplastische, tumorähnlich wachsende Veränderung der Mundhöhle, die in jedem Lebensalter auftreten kann und mit 75 Prozent vornehmlich auf der Gingiva entsteht. Sie kann sich aber auch auf Lippe und Zunge bilden [Klöppel et al., 2009], auch ein Auftreten auf der Haut ist nicht un- üblich. Erstmalig beschrieben wurde das Krankheits- bild vermutlich bereits 1844. 1897 erhielt die Erkrankung den Namen Botryomycosis hominis, da man von einer von Pferden auf den Menschen übertragbaren Erkrankung ausging. Der heute noch geläufige Begriff des pyogenen Granuloms wurde 1904 durch Hartzell geprägt [Gomes et al., 2013], wenn- gleich diese Bezeichnung inhaltlich nicht richtig ist, weil es sich weder um ein Granulom noch um eine bakterielle Infektion handelt. Ein Granulom ist definiert als knötchen- förmige Neubildung aus mononukleären Entzündungszellen und Epitheloid- oder Riesenzellen als Reaktion auf beispielsweise infektiöse Reize. Dabei gibt es unterschiedliche Granulom- typen: das Sarkoidose-Granulom, das Tuberkulose-Granulom, Der besondere Fall mit CME Pyogenes Granulom am Zungenrand Christian Walter, Angelika Webersinke, Christoph Renné Eine 60 Jahre alte Patientin wurde über eine niedergelassene Zahnärztin in der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie in unserer Mainzer Praxisklinik vorstellig. Anlass war eine vor mehreren Wochen erstmalig aufgefallene Veränderung am Zungenrand links. Kliniker präsentieren Fälle mit hohem diagnostischem Schwierigkeitsgrad. Abbildung 1: Klinischer Aspekt zum Zeitpunkt der Erstvorstellung mit Raumforderung am Zungenrand links mit glatter, rötlicher Oberfläche: Makroskopische Ulzerationen oder eine Fibrinbelegung sind nicht zu erkennen. Foto: Walter 24 Zahnmedizin
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