Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 18

zm 107, Nr. 18, 16.9.2017, (2036) Pseudotuberkulosegranulome, rheumatoide Granulome und das Fremdkörpergranulom [Riede and Schaefer, 1995]. Ätiologisch geht man beim pyogenen Granulom nicht von pyogenen Keimen, sondern von lokalen irritativen Faktoren aus. Besonders bei pyogenen Granulomen, die nicht auf der Gingiva zu finden sind, berichten Patienten über vorausgegangene Traumen. Histologisch handelt es sich um eine lobulär aufgebaute, kapilläre Gefäß- wucherung [Klöppel et al., 2009]. Klinisch zeigen sich vornehmlich solitäre, glatte, rosafarbene bis rote, gegebenenfalls gelappte, leicht blutende Knötchen, die im Weiteren ulzerieren können und dann auch fibrinbedeckt sind. Eine Sonderform ist das Auftreten während der Schwangerschaft, meist gegen Ende des ersten Trimenons. Diese wird interpretiert als eine Exazerbation einer Schwanger- schaftsgingivitis. Spontanremissionen nach der Schwangerschaft können auftreten [Klöppel et al., 2009]. Die Größe pyogener Granulome reicht von wenigen Millimetern bis zu mehreren Zentimetern. Symptomatisch für pyogene Granulome ist hauptsächlich eine erhöhte Blutungs- neigung bestimmt, Schmerzen verursachen sie in aller Regel nicht. Teilweise zeigen sie ein extremes Größenwachstum. Histologisch finden sich bei jungen pyoge- nen Granulomen dünnwandige anastomo- sierte Blutgefäße in lockerem, ödematösem und mäßig zellreichem Stroma, wodurch diese rötlich erscheinen. Durch Verletzun- gen können diese Veränderungen sekundär fibrosieren, so dass die Farbe von rot nach rosa umschlägt. Die entzündliche Kompo- nente kann unterschiedlich stark ausge- prägt sein, aber auch komplett fehlen. Therapeutisch würde man diese Befunde komplett exzidieren. Selten kommt es zu Rezidiven, bei denen dann in der Folge eine ausgedehntere Resektion erforderlich wird. Im vorliegenden Fall handelte es sich um ein pyogenes Granulom der Zunge. Die Patientin konnte sich jedoch an kein voraus- gegangenes Trauma erinnern. Die Palpation des weichen Befunds und die homogene, gleichmäßige Oberfläche sprachen gegen ein malignes Wachstum, jedoch stellt das Plattenepithelkarzinom der Mundhöhle eine ernst zu nehmende Differenzialdiagnose dar. Prof. Dr. Dr. Christian Walter Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgie Medi+, Zahnärztliche Praxisklinik Haifa Allee 20, 55128 Mainz walter@mainz-mkg.de Dr. Angelika Webersinke Zahnarztpraxis Pfungstadt Feldstr. 42, 64319 Pfungstadt PD Dr. Christoph Renné Fachärzte für Pathologie Gemeinschaftspraxis Wiesbaden Ludwig-Erhard-Str. 100, 65199 Wiesbaden Literatur: Gomes, S. R., Shakir, Q. J., Thaker, P. V. & Tavadia, J. K. (2013): Pyogenic granuloma of the gingiva: A misnomer? – A case report and review of literature. J Indian Soc Periodontol, 17, 514–9. Klöppel, G., Kreipe, H. H. & Remmele, W. (2009): Pathologie Kopf-Hals-Region Weichgewebstumoren Haut. Berlin, Heidelberg, Springer. Riede, U. N. & Schaefer, H. E. (1995): Allgemeine und spezielle Pathologie. Stuttgart, Thieme Verlag. Für eine erfolgreich ge- löste Fortbildung erhal- ten Sie 2 CME-Punkte der BZÄK/DGZMK. Das pyogene Granulom CME AUF ZM - ONLINE Das pyogene Granulom kann in jedem Lebensalter auftreten. Eine typische Differenzialdiagnose stellt das Plattenepithelkarzinom der Mundhöhle dar. Die Therapie besteht aus der chirur- gischen Exzision. Fazit für die Praxis Abbildung 2: Das pyogene Granulom ist ein gutartiger, fibro-vaskulärer Tumor der Haut und Schleimhäute. In der Übersicht erscheint es als zellreicher, ulzerierter Polyp (Bildausschnitt oben rechts) mit multiplen Gefäßen unterschiedlichen Durchmessers, partiell mit Austritt von Erythrozyten aus diesen (Bildausschnitt unten rechts). Foto: Renné Abbildung 3: In der Vergrößerung erkennt man die zelluläre Mischung aus Gefäßproliferaten, Fibroblasten und entzündlichen Infiltraten mit multiplen neutrophilen Granulozyten. Foto: Renné 26 Zahnmedizin

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