Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 18
zm 107, Nr. 18, 16.9.2017, (2089) gleichen wie bei Verletzungen von Binde- gewebe sind [84, 91]. Bei der Exkavation einer profunden Karies oder bei einem Trauma kann entweder das Pulpagewebe direkt oder Dentinareale freigelegt werden, die aufgrund der anato- mischen Struktur des Dentins besonders permeabel sind. Dentintubuli sind pulpanah pro Quadratmillimeter sehr viel häufiger anzutreffen und vom Durchmesser her grö- ßer als pulpafern [85]. Da nicht nur Mikro- organismen und deren Toxine (Lipopoly- saccharide), sondern auch viele Restaurati- onsmaterialien das freigelegte Pulpagewebe schädigen oder via Dentintubuli Richtung Pulpa diffundieren und so auf das Gewebe irritierend wirken können, sollten die Pulpa und die pulpanahen Dentinareale mit einem Überkappungsmaterial abgedeckt werden. Überkappungsmaterialien müssen einerseits eine künstliche Barriere zwischen der vitalen Pulpa und der Mundhöhle schaffen, um ein Eindringen von Mikroorganismen zu verhindern. Andererseits sollte das Über- kappungsmaterial antimikrobielle Eigen- schaften besitzen, ohne selber pulpatoxisch zu sein [21]. Neben der Desinfektion und der Versiegelung des Dentins ist ein weiteres Ziel der Applikation eines Überkappungs- materials, die Hartgewebsneubildung durch Pulpazellen gezielt zu induzieren und so die Pulpavitalität zu erhalten [28, 65, 84]. Kann eine bakterielle Kontamination ausge- schlossen werden, besitzt Pulpagewebe grundsätzlich die Fähigkeit, auch nach einer caries-profunda-Behandlung oder gar einer Freilegung auszuheilen [54]. Eine Hartgewebsneubildung kann bei ge- sunder Pulpa vermutlich unter einer Vielzahl von Überkappungsmaterialien entstehen [3]. Die Heilung der Pulpawunde ist also nicht mit einem speziellen Medikament oder Wundverband assoziiert [8]. Medikamente zur Versorgung einer exponierten Pulpa soll- ten aber die natürlicherweise vorhandene Potenz der Pulpazellen zur Hartgewebs- bildung fördern [84]. Wässrige Calcium- hydroxid-Suspensionen Als Medikament bei der Überkappung dient auch heutzutage noch in der Regel Calcium- hydroxid zum Schutz der Pulpa sowie zur Anregung einer Tertiärdentinbildung. Eine wässrige Calciumhydroxid-Suspension hat einen hohen pH-Wert und kann daher den niedrigen pH in Kariesläsionen neutralisie- ren. Außerdem wirkt eine wässrige Calcium- hydroxid-Suspension bakterizid, neutrali- siert Lipopolysaccharide und unterstützt die Ausheilung des Pulpagewebes [7, 90]. Zudem führt die Applikation von Calcium- hydroxid auf Dentin beziehungsweise in Kontakt zu Pulpagewebe zu einer Frei- setzung von Wachstumsfaktoren [39, 57]. 79
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