Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 18

zm 107, Nr. 18, 16.9.2017, (2096) Moin! Sie wissen ja, liebe Zahnärzte, dass ich ein einfacher Junge mit friesischen Vorfahren bin. Wer das vergessen hat, dem sei gesagt, dass mir finanzielle Freiheit wichtig ist. Und wer neu an Bord dieser Kolumnen ist, wird bald meine Vorliebe für einfache Strukturen bei der Gestaltung des Privatvermögens zu schätzen wissen: Erst den Notgroschen auf die Seite legen, dann die nötigen Ver- sicherungen abschließen, schließlich die Schulden für die Praxis und das Eigenheim tilgen. Und dann? In der letzten Kolumne habe ich angekündigt, mit einigen von Ihnen in See stechen zu wollen, um über den Aufbau der freien Altersvorsorge zu sprechen. Bitte seien Sie mir nicht böse, dass die Zahl der Zuhörer beschränkt ist. Landratten mit Schulden müssen zu Hause bleiben. Genauso haben Pfeffersäcke an Bord nichts verloren, weil die sich auf ihren Jachten lieber um die preisgünstige Verwal- tung ihrer Millionen kümmern sollten. Willkommen sind also Zahn- ärzte, die um und bei 45 bis 55 Jahre jung sind. Sie ver- dienen nicht schlecht und bezahlen jeden Monat ihren Obolus in die Ärzteversor- gung. Haus und Hof sind schuldenfrei. Sie leben standesgemäß, also ordentlich bis gut, auf keinen Fall protzig, und sie haben nicht vor, sich in naher Zu- kunft von ihrem Partner zu trennen. Sie mögen mich für meschugge halten, Ihnen solche „Konditionen“ aufs Auge zu drücken, doch ich bitte Sie um Nachsicht für der- artige Restriktionen. Ich habe in meinem Leben einfach zu viel erlebt, und wenn der finanzielle und menschliche Rahmen nicht stimmt, brauchen Sie sich keine Gedanken über die Rente zu machen. Sie sind längst am Ende, bevor es heißt: Leinen los! Die erste Information, die wir für den Auf- bau der freien Altersvorsorge brauchen, ist der Betrag, den Sie jeden Monat in die Spar- büchse stecken können. Sind das 500 oder 5.000 Euro? Bitte nehmen Sie diese Zahl nicht auf die leichte Schulter. Ich gehe da- von aus, dass Sie im Moment nicht sagen können, wie hoch die monatlichen Über- schüsse sind. Dafür müssen Sie sich nicht schämen. Bitte gehen Sie aber nicht zur Bank, sondern lieber zum Steuerberater, um diese Frage in aller Ruhe zu klären. Bänker brauchen nicht alles zu wissen! Im zweiten Schritt müssen wir klären, wie lange Sie die Raten bezahlen wollen. Falls Sie zum Beispiel schon 52 Jahre alt sind und sich Ihre (restliche) Begeisterung fürs Zähne- ziehen in Grenzen hält, wird es sinnvoll sein, den Kittel mit 62 Jahren an den Nagel zu hängen. Folglich können Sie noch 120 Monate lang Geld sparen. Wenn Sie erst 45 Jahre jung sind, aber genau wissen, bis zum 67. Lebensjahr jeden Tag mit Inbrunst knifflige Inlays zu verbauen, dann haben Sie noch 264 Monate vor sich. Bestimmt wer- den Sie sich fragen, was die Rechnung soll, doch die Antwort ist ganz einfach. Bei einer Spardauer von 120 Monaten sollten Sie auf Sicherheit bedacht sein, doch bei einem Horizont von 22 Jahren können Sie noch etwas wagen. Damit kommen wir zum dritten Punkt. Wie steht es um Ihr „intimes“ Verhältnis zum Geld? Wer sind Sie, liebe Zahnärztin, lieber Zahnarzt? Dürfte ich Sie bitten, sich da mal selbst – meinetwegen auch gegenseitig – auf den Zahn zu fühlen. Wie hoch ist Ihr persönliches Verlangen nach Sicherheit? Zu welchen Risiken sind Sie bereit? Wie sprin- gen Sie mit einem Gewinn von 50.000 Euro um und gehen Sie bei einem Verlust von 100.000 Euro ins Wasser? Die Fragen sind bitterer Ernst, da hört für mich jeder Spaß auf. Geldanlage ist in erste Linie trockene Risikovorsorge, doch wenn Sie gar nicht wissen, wer Sie sind und wie Sie ticken, dann wird es düster. Genauso hat es keinen Zweck, diese Fragen zwischen Tür und Angel zu beantworten. Bitte nehmen Sie sich dafür Zeit, weil es um Ihr gutes Geld geht und ich nicht das Gefühl habe, dass Sie so vermögend sind, um sich mit diesen Fragen nicht beschäftigen zu müssen. Jetzt kommt der vierte Punkt, wenn ich richtig gezählt habe. Bitte halten Sie sich vor Augen, dass Sie kein Anleger, sondern ein Sparer sind. Das hört sich garstig an, ist aber die Wahrheit, nichts als die reine Wahrheit. Bei Ihnen geht es nicht um die Investition großer Beträge, sondern um das Anlegen kleiner Monatsraten. Folglich muss ich Sie bitten, die Kirche im Dorf stehen zu lassen. Lassen Sie alle Hoffnung auf Renditen von sechs oder gar acht acht Prozent fahren! Sehen Sie zu, dass Sie jeden Monat über- haupt Geld auf die hohe Kante legen, achten Sie wie ein Luchs auf die Kosten, und geben Sie sich mit Renditen von drei oder vier Pro- zent zufrieden. Wer nicht aufpasst, ist leichte Beute für Gaukler, und wer gierig ist, wird fette Beute für Beutelschneider aller Art. Damit kommen wir zum fünften und letzten Punkt. Gott sei Dank, dass die Palette der „guten“ Sparverträge gar nicht so groß ist, wie Sie vielleicht vermuten. Sie haben die Wahl zwischen Banksparplänen, Kapital- versicherungen, Rentensparverträgen, Im- mobilienanlagen und Aktiensparplänen. Das sieht nach magerer Kost aus, reicht in meinen Augen aber völlig aus, um im Alter „satt“ zu werden. Ich werde Ihnen in den nächsten Wochen die Chancen und Risiken der einzelnen Sparformen im Detail erläutern, doch ich bitte Sie noch einmal um die Prüfung, ob Sie für die Mitfahrt auf diesem Schiff das richtige Ticket haben. Es geht nicht um den Abbau von Schulden, sondern den Aufbau von Vermögen! Volker Looman zu den grundsätzlichen Fragen vor dem Vermögensaufbau Sparer sind keine Anleger! Der Autor ist freiberuf- licher Finanzanalytiker in Stuttgart. Jede Woche veröffentlicht er in der FAZ einen Aufsatz über Geldanlagen. Außerdem unterstützt er Zahnärzte auf Honorarbasis bei der Gestaltung des Privatvermögens. www.looman.de Kolumnen entsprechen nicht immer der Ansicht der Herausgeber. 86 Praxis

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