Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 18
zm 107, Nr. 18, 16.9.2017, (2100) Die 15-jährige Patientin stellte sich mit einer Überweisung des Hauszahnarztes zur Entfernung des retiniert und verlagert lie- genden Zahnes 34 sowie einer zystischen Veränderung regio 33 bis 35 in der MKG- Ambulanz vor. Die Patientin gab keine Be- schwerden an, die allgemeinmedizinische und die Medikamenten-Anamnese waren leer. Klinischer Befund: Klinisch zeigte sich extra- oral eine seitengleiche Sensibilität und Mo- torik, die Nervenaustrittspunkte waren frei, die Mundöffnung war uneingeschränkt. Intraoral fand sich bei unauffälliger Mund- schleimhaut ein vollständiges Erwachsenen- gebiss in Angle-Klasse I ohne Mittellinien- verschiebung. Zahn 25 befand sich im Durchbruch, Zahn 34 fehlte klinisch bei persistierendem Milch- zahn 74. Zahn 23 stand in einer Kreuzbiss- situation (Abbildungen 1 bis 3). Im Orthopantomogramm imponierte eine Aufhellung, die sich regio 33 bis 35 nahezu über die gesamte vertikale Dimension des Unterkiefers erstreckte und die Krone des Zahnes 34 einschloss. Dieser lag horizontal verlagert, die Krone nach distal orientiert über die Wurzeln der Zähne 41 bis 74 proji- ziert. Zudem konnten die Anlagen der vier Weisheitszähne mit drohendem Engstand sowie ein nach mesial angulierter Zahn 24 befundet werden (Abbildung 4). Zur weiteren Therapieplanung wurde ein DVT erstellt, das den persistierenden Zahn 74 zeigte sowie eine große, mutmaßlich follikuläre Zyste, die sich circulär um den Zahn 34 ausdehnt, der seinerseits horizontal verlagert lag und nach schräg distal ausge- richtet war. Der N. alveolaris inferior wurde nach kaudal durch die Raumforderung ver- drängt. Die Wurzel lag nach mesial und in der lingualen Kortikalis, die Krone nach vestibulär und distal in das Zystenlumen reichend (Abbildungen 5a bis 5c). Therapieplanung und Therapie: Anhand der Befunde wurde in Kooperation mit der Kieferorthopädie und nach ausführlicher Beratung der Patientin ein Behandlungsplan aufgestellt. Dieser sah vor, Zahn 74 zu ent- fernen sowie in regio 33 bis 35 eine Zystek- tomie mit histopathologischer Untersuchung durchzuführen. Dabei sollte Zahn 34 frei- gelegt und an die Krone des Zahnes ein Bracket mit Kettchen geklebt werden. Kieferorthopädisch konnte in der ersten Phase der Kreuzbiss über einen Transpalatinalbogen, ein Eyelet an 23, eine Aufbissschiene als Biss- sperre für den Unterkiefer und über einen Powerarm an 36 behoben werden. Phase 2 begann durch die Freilegung des Zahnes 34 und die Zystektomie. Der Eingriff und der postoperative Verlauf waren kom- plikationslos, das histologische Ergebnis Der besondere Fall Massiv verlagerter 34 Philipp Kley, Berthold Hell, Ulrike Jenne, Martin Jenne Die Einordnung eines massiv verlagerten Zahnes 34 bei einer 15-jährigen Patientin stellte MKG-Chirurgen und Kieferorthopäden vor eine komplexe Herausforderung. Abbildung 4: Mit diesem radiologischen Befund kam die Patientin in die Praxis. Das Orthopanthomogramm zeigt die Ausgangssituation. Foto: Kley, Hell, MKG-Chirurgie, Diakonie Klinikum Jung-Stilling, Siegen 90 Zahnmedizin
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