Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 19
zm 107, Nr. 19, 1.10.2017, (2168) Beispiel unethischen Handels für die heilpraktische Arbeit Be- schränkungslösungen, arztzen- trierte Lotsenlösungen, Abschaf- fungslösungen oder Kompetenz- lösungen zu fordern? Könnte man das als akademische Inter- lektualhypertrophie in der Hoch- schulmedizin bezeichnen? Auch Zahnärzte suchen oft nach mehr als nur nach dem „Ober- und Unterkiefer“ des Herrn Kollegen Bertel- sen, welche in seiner Auffas- sung die Ganzheitliche Zahnmedizin ausreichend betreffen. Mehr gibt es an- scheinend für ihn nicht. Die von ihm erwähnten „Herde mit Fernwirkung“ sind wis- senschaftlich über die Immu- nologie längst bewiesen (Zytokinfreisetzung durch Im- munaktivität). Sie werden von manchem medizinischen Wis- senschaftler sogar als Kofaktor in der Entstehungskaskade chro- nischer Erkrankungen angesehen (Prof. Straub, Uni Regensburg). Außerdem, warum spricht der Kollege von „mystifizierten Fern- wirkungen“ auf Grund von hämatogenen Keimstreuungen. Existierten diese nicht, müssten wir Zahnärzte für chirurgische Eingriffe an entzündlichen Pro- zessen auch niemals antibioti- sche Abdeckungen vornehmen, um die vom Kollegen als mystifi- ziert beschriebenen Fernwirkun- gen zu vermeiden. Auch bei Ver- tretern der akademischen Schul- Zahnmedizin gibt es Umstritte- nes: Zuviel oder zu wenig Pro- phylaxe, Fluoridierung, man- gelnde Füllungstherapie, Amal- gam oder nicht Amalgam, Wur- zelbehandlungen, nicht depis- tierte inflammatorische Prozesse (silent inflammations), zu wenig PA-Therapie, zu viele oder zu we- nige (zu späte) Überkronungen, zu viele Implantate etc., etc. Es gibt auch einzelne Zahnärzte, denen Fehlleistungen vorgewor- fen werden. Sollte aus dieser Unsicherheit heraus die Zahn- medizin verboten werden? Die Publikumsbeschimpfung von Peter Handke war und ist umstritten; die Kollegenbeschimpfung für Zahnärzte mit der staatlich anerkannten Qualifikation zum Heilpraktiker von Dr. Bertelsen ist zurückzu- weisen. Weiter sollte der Gesund- heitsexperte Bertelsen wissen, dass entgegen seiner Meinung die BZÄK gegenüber den Länder- kammern keine Weisungshoheit hat und sie deswegen den Län- derkammern nichts erlauben oder verbieten kann. Die Erschütterung der Heilprak- tiker über die „undifferenzierte Darstellung“ ihres Berufsstandes ist objektiv absolut nachvollzieh- bar. Mir als Zahnarzt ist solches peinlich. Der Leser sollte sich auf- gerufen fühlen, die Diskussion um das in Rede stehende Memo- randum im Internet zu verfolgen. Die Arroganz und die Unflätig- keiten, die in der Mehrheit einer Seite zuzuordnen sind, fallen dort auf. Respekt sollte einer der Grundsätze bei Berufsgruppen sein, die sich um das Wohl hilfe- suchender Patienten sorgen. ! Besser das Gute aus zwei Welten zu vereinigen Jochen Plate, Wuppertal Gott sei Dank gibt es Menschen wie Sie, die einem minderbegab- ten Akademiker wie mir die Welt so einfach in schwarz-weiß erklä- ren können. Alles, was man nicht riechen, schmecken oder sehen kann, ist nicht existent!? Geile Logik. Die „Dentisten“ sollten also ins Boot geholt werden? Des- halb wurde die- ser Beruf dann ja auch abge- schafft. Übrigens gibt es in der Schweiz noch den sog. „Prothetiker“, der nicht selten bessere Vollprothesen „bastelt“ als mancher Zahnarzt. Aus den Heilpraktikern sollen aber dauerhaft „Gesundheits- berater“ werden? Bezeichnend auch, dass in Ihrem Memorandum kein Heilpraktiker eingebunden war, denn darum ging es ja ganz offensichtlich nicht. Das ewige Geseier vom gefährlichen Impfgegner und Sekten-Scharlatan klingt zuneh- mend ermüdend. Den gleichen Aufsatz über die Schulmedizin finden Sie sicher analog in der „Eso-Ecke“. Diese Hardliner- Nummer ist schon lange nicht mehr zeitgemäß. Sie setzen sich darüber hinaus dem Verdacht aus, eher um Ihre Pfründe als um das Wohl des Patienten besorgt zu sein. Wer hier letztendlich die Satire gibt, darf man sich berechtigt fragen. Warum wohl wenden sich so viele Patienten von der Schul- medizin ab? Sicher nicht aus purer Zufriedenheit. Die Leute sind so enttäuscht und verzweifelt, dass sie sich lieber einen Haufen Hühnermist auf den Kopf setzen und auf einem Bein pfeifen, als sich die ärztlichen Todesurteile abzuholen. Im Übrigen sind die meisten Versorgungen nicht system-protegiert, sondern die Patienten zahlen selbst. Wir sollten vielmehr versuchen, das Gute aus beiden Richtungen zu vereinen, als rundweg alles Andersartige polemisch und beleidigend wie beleidigt abzu- lehnen. Nicht, dass ich grund- sätzlich für jedes noch so obskure Verfahren einen Freibrief erwarte, dennoch glaube ich, dass Mitein- ander besser als Gegeneinander funktioniert. Viele unwissenschaftliche, esote- rische aber auch zahnärztliche Grüße ! Die Wahrheit von heute... Dr. Stefan Fritzen, Gransdorf Zur Debatte um die „Endlösung“ der Heilpraktikerfrage im Sinne des Medizin-Faschismus bitte ich zu bedenken, dass nicht alles, was den Anschein erweckt, evident zu sein, auch wirklich evident ist: Die Evi- denz von heute ist die Placebostudie von morgen. Die Wahrheiten von heute werden zu den Irrwegen von übermorgen. ! 14 Leserforum: Zahnärzte als Heilpraktiker
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