Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 19
zm 107, Nr. 19, 1.10.2017, (2200) versorgung warb, war die ADA nicht begeis- tert – gleiches galt später bei Obamacare. Nach der Einführung von Medicaid 1965 warnten Zahnärzte vor einem sozialistischen Staat. Die Standesorgane haben regelmäßig verhindert, dass eigenständig arbeitende besser entlohnen würde, dann würden sich auch mehr Zahnärzte in ärmeren Regionen niederlassen. Keine Macht den Dentalhygienikerinnen Der zähe Kampf, gesundheitliche Versorgung günstiger und flächendeckender zu jenen zu bringen, die unterversorgt sind, zieht sich bis in die Gegenwart. Otto nennt stellvertretend das Beispiel von Tammi Byrd. Die Dental- hygienikerin aus South Carolina, wo rund eine Viertelmillion Kinder aus ländlichen Gegenden keinerlei zahnmedizinische Ver- sorgung erhalten, wollte kostenlose Prophy- laxe für Schulkinder anbieten, abgerechnet über Medicaid. Doch die ADA stellte sich dagegen. Auf Byrds Initiative hin wurde schließlich im Jahr 2000 das Gesetz, wonach vor jeder zahnhygienischen Begutachtung immer zuerst ein Zahnarzt die Patienten un- Dentalhygienikerinnen an Schulen und in Altersheimen eingesetzt werden. Begrün- dung: Es bestehe kein Mangel an Zahnärz- ten, der Markt brauche keine zusätzlichen Gesundheitsanbieter. Wenn stattdessen der Staat die Behandlung von Medicaid-Patienten „Amerikas Zähne haben mich immer fas- ziniert. Als ich in den USA ankam, war ich im selben Maße fasziniert wie entnervt über das Ausmaß an Perfektion und Hingabe, mit der man sich hier um seine Zähne kümmert: Flossing, Begradigen, Bleaching, alle sechs Monate Check-ups – und alles mit einer Art religiösen Eifers. Ich habe Freunde, die Kaffee mit Stroh- halm trinken, um Flecken auf den Zähnen zu vermeiden. Die Leute geben riesige Summen aus, um sicherzustellen, dass ihre Zähne denen ihrer Kollegen entsprechen. Ich weiß das, weil auch ich genau das getan habe. Am Ende habe ich mich für meine absolut gesunden, aber mittelmäßigen NHS-Zähne geschämt. Ich konnte merken, wie die Leute sie anstarrten, während ich sprach, und fragte mich, warum sie nicht strahlend weiß waren, warum sie trotz jahrelanger Brackets – ummeinen eigenen Zahnarzt zu zitieren – von einer perfekten Ausrichtung ‘weit entfernt‘ waren. Ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass in New York City meine Zähne für alles standen, was falsch war. Ich hatte das Glück, das ‘Problem‘ beheben zu können. Aber ich habe verstanden, dass eine be- sondere Art von Lächeln in diesem Land so viel mehr bedeutet als optische Vorzüge oder ein tolles Instagram-Spiel. Richtig ge- rade, weiße Zähne sind in Wirklichkeit eine starke soziale Währung. Sie sind ein Pass, ein ständig auf dem Display aufleuchtender Anhaltspunkt für Reichtum, Chancen und ein stabiles Zuhause, umgeben von Men- schen, die es sich leisten können, für ihre Zähne in jeder Hinsicht zu sorgen. Der Besitz dieses wertvollen Vermögens identifiziert Sie als präsentabel, würdig, ‘normal‘. Er öffnet Türen für attraktive Arbeitsplätze, Machtpositionen, nützliche Beziehungen und vieles mehr. Reisen Sie in ärmere Teilen des Landes, finden Sie Menschen, die nachts im Auto vor einem Gemeinschaftszentrum campieren, mit unvorstellbaren Schmer- zen, und die darauf warten, dass ihnen dort am nächsten Tag von ehrenamtlich tätigen Zahnärzten endlich der Zahn ge- zogen wird. Diese freiwilligen Feldzahn- ärzte sehen Tausende von Menschen in 48 Stunden, viele gelähmt von völlig ver- meidbaren Schmerzen und Leiden. Sie sehen: Es ist so schwierig und teuer, hier eine anständige Zahnversicherung zu bekommen – viele mit niedrigem Ein- kommen können sich das einfach nicht leisten. Jetzt starrt mich mein eigener Beitrag in diesem Zyklus der Ungerechtigkeit an, sobald ich in den Spiegel schaue. Man kann das nicht rückgängig machen, aber ich bin ohnehin zu egoistisch, um so etwas zu tun – meine Mitgliedschaft im Club der geraden Zähne hat zu viele Vorteile in zu vieler Hinsicht. So funktioniert das. Denken Sie darüber nach, wenn Sie das nächste Mal das amerikanische, gerade, weiße Grinsen bestaunen. Es repräsentiert mehr als nur ein schönes Lächeln.“ Diese Fassung ist eine gekürzte Übersetzung des Kommentars von Hannah Thomas- Peter auf Sky Views vom 25. Juni 2017. Thomas-Peter ist US-Correspondentin für Sky News. Im Club der geraden Zähne A LS B RITIN IN N EW Y ORK Zahnmobil made in USA – der „Will County Community Health Center mobile dental services van“ Foto: picture alliance 46 Gesellschaft
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