Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 20

zm 107, Nr. 20, 16.10.2017, (2300) Arztbewertungsportale – Die Zerstörung der Fairness und des Kollegialitätsprinzips Zum Titel Arztbewertungsportale zum Beitrag „Die Bewertungen bei jameda sind echt“, zm 18/2017, S. 30 Eine Erwiderung auf das zm- Interview mit Kathrin Kirchler, Senior PR & Marketing Manager von jameda vom 16.09.2017: Das spezifische Problem einer kombinierten Werbe- und Be- wertungsplattform wie jameda ist nicht die üble Nachrede, die wegen der Anonymität zu einem Problem werden kann, denn das gilt für alle einfachen Bewertungsportale, sondern der unlautere Wettbewerb. Aus die- sem Grund geht die Presse- und Marketing-Managerin, Kathrin Kirchler, mit keinem Wort auf einen von mir geschilderten Sachverhalt ein. Bei Nicht-Kun- den von jameda, die sich dem Portal nicht entziehen dürfen, werden Vergleichspraxen in der Regel gleicher Fachrichtung aufgeführt, inklusive Kilometer- abstand, die alle von zahlenden jameda-Kunden betrieben wer- den. Bei diesen wird eine solche Vergleichsliste nicht aufgeführt. Überzeugen Sie sich davon anhand Ihres eigenen jameda-Profils. Selbst wenn die Bewertungen nicht manipuliert würden, wäre allein das ein Fall unlauteren Wettbewerbs und sollte von unseren Kammern juristisch auf das entsprechende Gesetz hin (UWG) überprüft werden. jameda ist offensichtlich in erster Linie kein Bewertungsportal, sondern ein Portal, das Patienten von Nichtkunden für jameda- Kunden abwirbt. Natürlich ver- kauft man keine günstigen Bewertungen. Die Manipulation ist viel subtiler. Die Kriterien zur Veröffentlichung schlechter Bewertungen sind schwammig, denn Begriffe wie „Beleidigung“ oder „Schmähung“ sind inter- pretierbar, dehnbar. Bei Kunden legt man offensichtlich strengere Kriterien zur Publikation schlechter Bewertungen an, so dass diese gar nicht erst an die Öffentlich- keit gelangen oder zum Gegen- stand gerichtlicher Auseinander- setzungen werden. Nur so lässt es sich erklären, weshalb es fast keinen jameda-Kunden mit schlechten Bewertungsdurch- schnitten gibt, aber viele Nicht- Kunden. Das lässt sich einfach überprüfen. Man gebe bei Google eine beliebige Stadt und den Be- griff „jameda“ ein. Die dort auf- gelisteten Ärzte und Zahnärzte kann man nach Noten sortieren. Am Ende dieser Liste findet man die Kollegen mit schlechten Be- wertungsdurchschnitten. Suchen Sie bei diesen bitte nach jameda- Kunden. Mir ist das nicht gelun- gen, vielleicht gibt es Ausnahmen, Alibis. Der Rest ist ein rein statis- tisches Phänomen zu Gunsten jamedas. Je nach öffentlicher Kritik, zieht man die Daumen- schrauben fester an oder lässt sie lockerer. Mit Begriffen wie „Datamining“, „Algorithmen“, „Qualitätsprüfung“ lenkt jameda nur von seinem Geschäftsmodell unlauteren Wettbewerbs ab – im Sinne angeblicher Fortschrittlich- keit und Modernität. Wer eine unzutreffende Bewer- tung in seinem Profil kommen- tieren möchte, den zwingt jameda zur Registrierung. Der- jenige, der sich auf diese Weise angemeldet hat, den reklamiert jameda automatisch als regis- trierten Kunden, und erweckt damit den falschen Eindruck einer umfassenden Akzeptanz des Portals mit 275.000 Ärzten/ Zahnärzten. Frau Kirchlers Be- hauptung, die Bewertungen seien echt, lässt sich schnell widerlegen. Geben Sie einem beliebigen Arzt, den Sie nicht kennen, eine gute jameda-Be- wertung und Sie werden vom Gegenteil überzeugt. Sicher werden die meisten Ärzte und Zahnärzte nicht Kunde bei dieser Firma, um ihre Kollegen zu übervorteilen, sondern in vielen Fällen vermutlich eher aus Ver- zweiflung, weil sie andernfalls mit schlechten Bewertungs- Durchschnitten und einer Ruf- schädigung nicht fertig werden. Bedauerlicherweise läuft diese individuelle, einfache Lösung, durch „Schutzgeld-Zahlungen“ von schlechten Bewertungs- durchschnitten verschont zu werden, auf eine zunehmende Korrumpierung der Ärzte-/Zahn- ärzteschaft hinaus und ist meines Erachtens standeswidrig. Besser wäre ein juristisches Vorgehen gegen jameda zusammen mit Ärzte- und Zahnärztekammern, um versteckten, unlauteren Wettbewerb zu verhindern. Auch das Antikorruptionsgesetz sollte entsprechend ergänzt werden. Bewertungsportale sind gut, Kritik ist gut, führen zu Sensibi- lisierung und Verbesserung der Praxisqualität, solange die Spiel- regeln für alle gleich sind. Ein kombiniertes Werbe- und Bewer- tungs-Portal, ein Zweiklassen- Portal mit zahlender Kundschaft und nicht zahlenden Zwangs- teilnehmern wie jameda, zerstört dieses Konzept und verdreht es in sein Gegenteil, zerstört Fairness und Kollegialitäts- prinzip. Wollen wir das wirklich tolerieren? Dr. Peter Gorenflos, Berlin Die zm-Redaktion ist frei in der Annahme von Leserbriefen und behält sich sinnwahrende Kürzungen vor. Außerdem behal- ten wir uns vor, Leserbriefe auch in der digitalen Ausgabe der zm und bei www.zm-online.de zu veröffentlichen. Bitte geben Sie immer Ihren vollen Namen und Ihre Adresse an und senden Sie Ihren Leserbrief an: leserbriefe@zm-online.de oder Zahnärztliche Mitteilungen Redaktion Behrenstraße 42 10117 Berlin. Fotos: zm-mg 10 Leserforum

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