Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 20

zm 107, Nr. 20, 16.10.2017, (2392) Bei der Anamnese zeigte sich klinisch frei- liegender Knochen (Os librum) im Bereich des Oberkiefervestibulums Regio 11/12 mit einer Flächenausdehnung von 2 cm auf 1 cm (Abbildung 1a). Korrespondierend dazu fand sich bei der weiteren intraoralen Inspektion eine palatinale Fistel (Abbildung 1b). Bei der Patientin waren bisher weder chirurgische Eingriffe noch Bestrahlungen im Kopf-Hals-Bereich erfolgt. Allgemeinanamnestisch waren eine Pyoderma gangraenosum, ein systemischer Lupus erythematodes sowie eine seropositive rheumatoide Arthritis bekannt. Bei der Medikamentenanamnese wurden die Immunsuppressiva Methotrexat (Folsäure- analogon), die beiden Antikörper Infliximab und Adalimumab (TNF- Į -Blocker), Myco- phenolat-Mofetil (reversibler Hemmer der Inosinmonophosphat-Dehydrogenase), Cy- clophosphamid (DNA-Schädigung), mehr- fache Cortisongaben sowie eine einmalige Bisphosphonatgabe angegeben. Zudem waren dermatologisch bestätige Allergien gegen Ibuprofen, Eythromycin und Unacid bekannt. In der Panoramaschichtaufnahme zeigte sich eine Osteolyse im Bereich der Ober- kieferfront Regio 12 (Abbildung 2), wes- halb eine 3-D-Bildgebung zur Größen- bestimmung durchgeführt wurde. Die durchgeführte CT-Diagnostik ergab den Nachweis eines Os librum mit den Maßen 7 mm x 8 mm x 11 mm unter Beteiligung der beiden Pfeilerzähne 11 und 13 (Abbil- dungen 3 und 4). Therapie Nach erfolgter Tetrazyklinmarkierung mit Doxycyclin 100 mg 1–0–0 für fünf Tage und präoperativer Abdrucknahme für eine Oberkieferverbandsplatte wurde der Eingriff in Intubationsnarkose durchgeführt. Nach marginaler Schnittführung wurden die Zähne 21, 12 und 13 entfernt sowie eine aufwendige modellierende Osteotomie im Sinne einer partiellen Resektion des Alveolarfortsatzes unter Schwarzlicht- kontrolle in diesem Bereich durchgeführt (Abbildung 5). Die Weichgewebsdeckung des entstandenen Defekts erfolgte mittels Mukoperiostlappen und einer Dreiecksaustauschplastik aus dem Fall aus der Chirurgie Oberkiefernekrose bei starker Immunsuppression Paul Heymann, Anne Attrodt, Andreas Neff, Christine Moll, Ingo Fischer, Thomas Ziebart Eine 45-jährige Patientin wurde aufgrund eines freiliegenden Knochens im Bereich des rechten Oberkiefervestibulums vorstellig. Die umfangreiche Diagnostik ergab eine Bisphosphonat-assozierte Kiefernekrose mit primär atypischer Lokalisation. Abbildung 1: Intraoraler Befund: a = vestibuläre Ansicht: Os librum, b = palatinale Fistel Fotos: Heymann, MKG Marburg 102 Zahnmedizin

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