Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 20
zm 107, Nr. 20, 16.10.2017, (2398) Wangen im Allgäu im Sommer 2017: Dr. Siegfried Ziegler steht, 36 Jahre nach der eigenen Praxisübernahme, vor dem Schritt in den Ruhestand – und vor der Entscheidung für oder gegen eine unübliche Nachfolge- regelung. Dann geht alles ganz schnell. Am Ende passt Zieglers berufliches Lebenswerk in zwei Transporter. Als die zwei Behandlungs- einheiten samt Hygienestrecke zusammen mit dem zerlegten Wartezimmer und dem Empfangstresen vom Hof rollen, um die Reise ins westukrainische Lemberg anzutreten, ist Ziegler erleichtert: „Ich bin froh diesen Schritt gegangen zu sein. Es macht einfach Sinn, brauchbare und funktionsfähige Geräte und Instrumente abzugeben an die, die gar nichts oder nur wenig haben“, sagt er. Und genau diese Gruppe habe die Hilfs- organisation H.O.P.E im Blick, ist sich Ziegler sicher. Eine Endo für einen Fisch oder einen Sack Kartoffeln Dabei hatte der Generalist, der in seiner Zeit als Praxischef fünfzehn ZFAs ausbildete und in Spitzenzeiten fünf Mitarbeiter beschäftigte, zunächst an eine „normale“ Praxisabgabe gedacht, wie er sie 1981 als Übernehmer selbst erlebt hatte: Die Abgeltung von materiellem und ideellem Wert der Praxis polstern den Start des Abgebenden in den Wangener spendet komplettes Inventar an Hilfsorganisation Zahnarzt verschenkt Praxis Noch kennt Dr. Siegfried Ziegler seinen Praxisabnehmer nicht persönlich. Wohl aber dessen Behandlungsanspruch: Mit Unterstützung der Hilfsorganisation „H.O.P.E. – we help children e. V.“ wird dieser im ukrainischen Lemberg fünf Tage pro Monat Waisen sowie kranke und benachteiligte Kinder kostenlos behandeln. Dafür erhielt er Zieglers komplettes Praxisinventar – geschenkt. Das Ehepaar Doris und Dr. Siegfried Ziegler plant fürs kommende Jahr eine Reise in die Ukraine, um zu sehen, wo die Hilfsorganisation von Wolfgang Ponto (Mitte) ihre Behandlungs- einheiten wieder aufgebaut hat. Fotos: H.O.P.E / Marlene Gempp Ruhestand. „Bei meiner Übernahme betrug die Ablösesumme damals 140.000 DM und bedeutete für den Praxisabgeber eine zusätzliche Altersversorgung“, erinnert sich Ziegler, der gern an die Anfangszeit in eigener Praxis zurückdenkt. Die Kollegenzahl vor Ort war nicht zu groß, Spezialisierungen sel- tener und betriebswirtschaftliche Aspekte standen noch nicht so im Vordergrund wie heute, sagt er. „Da Wangen im Allgäu ein noch sehr ländlich geprägtes Umfeld hat, kam es oft noch zu Naturaliengeschenken. Da wurde zum Beispiel wäh- rend einer Behandlung ganz ungeniert die Tür geöffnet und mir frisch geangelter Fisch in die Hand gedrückt“, lautet die Anekdote aus der Anfangs- zeit. Ähnlich sind die Gegebenhei- ten aktuell immer noch in der Ukraine, glaubt man Wolfgang Ponto, der seit zwei Jahren die Kinderhilfsorganisation H.O.P.E. leitet und ausschließlich Hilfen für das osteuropäische Land organisiert. „Verglichen mit Deutschland ist die Ukraine ein armes Land und es gibt keine Krankenversicherung, wie wir sie kennen. Die Patienten müssen alles selbst bezahlen. Da wird ein Zahnarzt auch schon einmal mit einem Sack Kartoffeln entlohnt.“ Ent- sprechend führe der Beruf in der Ukraine zwar zu einem finanziellen Auskommen, aber sicher nicht dazu, dass es jemand zu großem Wohlstand bringe, sagt Ponto, der aktuell drei Bewerber auf Zieglers Inventar hat. „Die sind grundsätzlich alle drei gut geeignet. Wir prüfen aktuell noch, wer am bedürftigsten ist, bevor wir die eingelagerte Praxisausstattung übergeben.“ Im Gegen- zug erkläre sich der Empfänger dann bereit, 108 Gesellschaft
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