Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 20
zm 107, Nr. 20, 16.10.2017, (2317) Computerspiele und digitale Medien be- stimmen zunehmend den Alltag von Kin- dern und Jugendlichen. So spielen in Deutschland rund 89 Prozent der 10- bis 18-jährigen laut Untersuchungen bis zu drei Stunden täglich und länger [BITKOM-Um- frage, 2017]. Während durch die Medien zumeist die negativen Gesundheitsfolgen von intensivem Computerspielen – Aggres- sion, Trägheit, Abhängigkeit oder muskulo- skelettale Schäden – beleuchtet werden, gibt es auch Computerspiele, die nachweis- lich Gesundheit fördern können. Seit der Gründung der „Serious Games Initiative“ im Jahr 2000 spricht man bei solch edukativen Spielen von sogenannten Serious Games. Diese sollen Lern- und Motivationsinhalte (etwa Sprachen, Naturwissenschaft oder auch Gesundheitsinhalte) auf unterhaltsame und spielerische Weise vermitteln. Serious Games werden mittlerweile in viel- fältigen Bereichen mit Erfolg eingesetzt – auch im Bereich der Mundgesundheitsför- derung gibt es erste Ansätze. Eine Meta- Analyse zu den Gesundsheiteffekten von Serious Games konnte signifikante Verbesse- rungen in unterschiedlichen Gesundheits- bereichen feststellen [DeSmet et al., 2014]. Allerdings waren die Ergebnisse sehr hetero- gen in Bezug auf das verwendete Spiel. Ein anderer Begriff in diesem Bereich ist der Begriff „Gamification“, der die Anwendung von spieletypischen Elementen im Kontext von sonst spielefremden Bereichen be- schreibt. 27 Serious Games zur Förderung der Mundgesundheit Förderung von kognitiven Aspekten wie Wissen, Selbstwirksamkeit, Motivation (z.B. bezüglich Mundhygiene, Fluoriden) Protectus (www.tajono.de ) Reise nach Zahnasien (LAGZ Baden-Württemberg) Attack of the S. mutans (Firsthand Inc. USA; noch nicht auf dem kommerziellen Markt verfügbar) Tabelle 1: Bereiche, die durch Videospiele bzw. Serious Games beeinflusst werden mit beispielhaften Spielen (kein Anspruch auf Vollständigkeit) Quelle: Eigene Auswertung Förderung von motorischen Fähigkeiten über Feedbackmechanismen in der Nintendo Wii, Playbrush oder Applikationen (Apps) Playbrush© (Playbrush GmbH, Österreich) Brush up© (GamesThatWork, USA) Philips Sonicare For Kids© (Philips, Niederlande) Disney Magic Timer App (Procter & Gamble©, USA) Rainbow (Vigilant) Foto: Philipssonicare So vielfältig wie die Computerspiele selbst können ihre Anwendungsformen zur Förderung der Mundgesundheit aussehen. Grob kann man zwei Bereiche für digitale Medien zur Förderung der Mundgesundheit unterscheiden (siehe Tabelle). Natürlich können diese beiden Bereiche kombiniert werden. Im Fall der Beeinflussung von motorischen Fähigkeiten lässt sich etwa die Beeinflussung von motivationalen Faktoren wie der Selbst- wirksamkeit gar nicht vermeiden, da das eigene Erleben (von erfolg- reicher Mundhygiene) immer auch die Selbstwirksamkeit beeinflusst. Ne- ben diesen Spielen kursieren auch digitale applikationsbasierte Motivationshilfen (etwa der Oral B Smartguide©, BushDJ©, Anwendungen mit WhatsApp©), die aller- dings weniger als Spieleformen gesehen werden können. Lieber einen Apfel statt eines Schokoriegels Um die Evidenz bezüglich der digitalen Anwendungen festzustellen, wurde eine Literaturrecherche in Medline (Pubmed) durchgeführt mit der Verschlagwortung „(video game) OR (serious game) OR (app) AND (dental OR oral)“. Die Suche ergab 630 Treffer, wovon sieben Titel genauer ana- lysiert wurden. Ein doppeltes Suchergebnis wurde ausgeschlossen. Zwei Artikel wurden ausgeschlossen, da sie sich nicht mit Oral- prophylaxe beschäftigten. Ein Artikel war nicht verfügbar. Im Bereich der Serious Games zur Oralpro- phylaxe konnte über Pubmed lediglich ein Studienprotokoll gefunden werden, in dem die Untersuchung eines Serious Game bei Kindern mit hohem Kariesrisiko beschrieben wird [Aljafari et al., 2015]. Des Weiteren Vampirmädchen Vicky und der Wikingerjunge Björn aus der App „Brush Busters“
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