Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 20
zm 107, Nr. 20, 16.10.2017, (2338) Eine sich seit mehreren Jahren alio loco in dermatologischer Betreuung befindliche Patientin wurde mit einer seit Jahren beste- henden Veränderung der Oberlippe in einer weiteren dermatologischen Praxis und nach Probebiopsie dort in der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie vorstellig. Zum Zeitpunkt der Erstvorstellung in der MKG zeigte sich im Bereich der Oberlippe rechts das Lippenweiß, aber auch das Lip- penrot betreffend eine etwa 1 cm x 2 cm große Veränderung der Haut. In deren Peri- pherie zeigte sich ein perlschnurartig auf- geworfener Randwall mit dezenten Tele- angiektasien, die besonders im Bereich des Lippenrots zu erkennen waren (Abbildung 1). Zentral im Bereich des Befunds hatte die Haut eine fast normale Farbe und Textur, sie wirkte etwas atroph. Anamnestisch hatte sich diese Veränderung vor mehr als drei Jahren entwickelt und war nach histopathologischer Abklärung seit- dem dermatologisch als Granuloma anulare klassifiziert und entsprechend behandelt worden. Erst durch den Wechsel des Dermatologen wurde der Befund in seiner Diagnose hinter- fragt und neu eingestuft. Nach einer Biopsie wurde ein Basalzellkarzinom diagnostiziert, das dann durch die Mund-, Kiefer- und Ge- sichtschirurgie entfernt wurde. Nach tem- porärer Tätowierung zur Markierung der Rot-Weiß-Grenze der Oberlippe erfolgte die Exzision bis auf den darunter befindlichen Musculus orbicularis oris und nach caudal bis hinter die Wetline der Oberlippe (Abbil- dung 2) mit anschließender Rekonstruktion derselben. Die histopathologische Aufbereitung des Gewebes (Abbildungen 3 bis 6) bestätigte dabei die Diagnose eines Basalzellkarzinoms. Diskussion Das Basalzellkarzinom stellt den häufigsten malignen Tumor beim Menschen dar. Synonym gebraucht wird auch der Begriff des Basalioms – der aber nicht genutzt wer- den sollte, da er der malignen Komponente des Tumors nicht Rechnung trägt. Der Tumor wächst infiltrativ destruierend, bildet aber nur extrem selten Metastasen, daher wird in älterer Literatur auch von einem semimalignen Tumor gesprochen. Die Inzidenz in Deutschland wird mit 170 Neuerkrankungen auf 100.000 Einwohner pro Jahr beziffert, Männer sind etwas häu- figer betroffen als Frauen. Im Gegensatz beispielsweise zum spinozellulären Karzi- nom entsteht das Basalzellkarzinom nicht auf Basis vorausgegangener Präkanzerosen, sondern de novo. Prädilektionsstellen sind typischerweise von Sonneneinstrahlung ge- schädigte Hautareale, das heißt, der Kopf, das Gesicht und das Dekolleté sind weitaus häufiger betroffen als andere Areale, wobei 80 Prozent aller Basalzellkarzinome in der Kopf-Hals-Region auftreten [Hauschild A et al., 2012]. Ätiologisch sind neben einer genetischen Komponente mit geringer Hautpigmentie- rung vor allem die kumulative Sonnen- einstrahlung und hier vor allem die UVB- Exposition zu benennen. Das Basalzellkarzi- nom kann auch im Rahmen von Syndromen gehäuft auftreten. In der Zahnmedizin am geläufigsten dürfte das Basalzellkarzinom-Syndrom sein, das auch als Gorlin-Goltz-Syndrom bekannt ist und durch die Trias der multiplen Basalzell- Der besondere Fall mit CME Basalzellkarzinom der Oberlippe Christian Walter, Michael Lachner, Christoph Renné Die Fehleinschätzung als Granuloma anulare bei wahrscheinlich nicht repräsen- tativer Probenentnahme führte in diesem Fall über lange Zeit zur Verschleppung der korrekten Diagnose: einem Basalzellkarzinom der Oberlippe. Kliniker präsentieren Fälle mit hohem diagnostischem Schwierigkeitsgrad. 48 Zahnmedizin
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