Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 20
zm 107, Nr. 20, 16.10.2017, (2384) und Designern mit denen von Medizinern, Psychologen und Neurowissenschaftlern zusammen. Am Ende soll es gut belegte Standards geben, wie Bauten des Gesund- heitswesens idealerweise geplant werden. „Wenn unser Architekturbüro größer wäre, würde ich noch einen Neurologen dazu holen.“ Das sagt Jason Danziger, der Grün- der von „thinkbuild architecture“. Danziger hat gemeinsam mit dem Psychiater Dr. Martin Voss eine ganz spezielle Soteria- Psychiatriestation im St. Hedwig Kranken- haus in Berlin entwickelt. Soteria, das heißt so viel wie Heilung, Wohl, Rettung. Soteria- Stationen stehen für ein ganzheitliches Psy- chiatriekonzept, inzwischen gibt es mehrere in Deutschland. Patienten geben als Feedback, dass sie die Station weiterempfehlen würden. Ein kommendes Projekt der Healing Archi- tecture in Deutschland wird wohl die Neue Haunersche Kinderklinik in München werden. Hier gewann der Entwurf von Nickl & Partner den Architekturwettbewerb. Im „Neuen Hauner“ sollen einmal Geburtshilfe, Kinderheilkunde und -chirurgie untergebracht sein. Kindern die Angst vorm Krankenhaus nehmen – das ist eins der Ziele des Baus. Der Megatrend der Zukunft? Dabei helfen werden viel Tageslicht innen und Grünflächen außen. Sechs asymmetrische Innenhöfe wirken einladend: Es kann um Bäume flaniert und sich draußen erholt wer- den. In den Zimmern der Kinderpatienten gibt es gemütliche Bettnischen, viel Holz- optik und Kuschelkissen. Für den Bau wer- den noch Spenden gesammelt. Der erste Spatenstich ist für 2018 geplant. „Ich glaube, dass Healing Architecture ein Megatrend werden wird“, meint Willemeit. „In Zukunft wird es dabei nicht nur um Krankenhäuser gehen – was ein schrecklicher Begriff ist –, sagen wir: um Gesundheitshäuser und andere Einrichtungen des Gesundheits- wesens. Insgesamt wird der Gesundheits- aspekt viel wichtiger werden.“ Generell betrifft dies nachhaltige Bau- materialien, Innenluft- und Lichtqualität, die Raumatmosphäre und eine gesündere Bau- stoffindustrie. Dabei spielen gleichermaßen die großen Energiethemen eine Rolle: Wie kann ich mit einem Bau Energie einsparen oder sogar gewinnen? Mit welchen Ideen reagieren wir auf den Klimawandel? Es muss insgesamt ein holistisches Bild davon ent- stehen, wie wir Architektur betreiben und dabei eine gesunde Umgebung schaffen.“ Heilende Architektur wirkt im Kleinen, direkt am Menschen. Sie kann ein ganzes Stadt- bild beeinflussen. Und sie kann mit der Zeit unser Verständnis von Räumen verändern, in denen wir leben, arbeiten und genesen wollen – mit allen Sinnen. Sonja Schultz Fachjournalistin Die Berliner Einrichtung soll vor allem junge Menschen auffangen, bei denen zum ersten Mal eine Psychose ausbricht. Die Gestaltung der Räume spielt dabei eine große Rolle. Zentrum der Abteilung ist eine große Wohnküche mit einem langen Eichenholz- tisch. Hier wird gemeinsam gekocht und gegessen; es herrscht (fast) familiärer Alltag statt Krankenhausanonymität. Das Farb- konzept der Räume hat Danziger nach Befragungen von Psychiatriepatienten und -mitarbeitern entworfen. Grün-, Gelbtöne und ein helles Grau sollen beruhigend wirken. Es gibt auch einen Wintergarten mit Sitzsäcken und ein Beet im Innenhof, das die Patienten beackern. Tatsächlich sinkt der Neuroleptika- Verbrauch in Soteria-Einrichtungen. Viele Besonders bei Kindern löst ein Krankenhausbesuch oft Angst aus. Der Entwurf für die geplante Neue Haunersche Kinderklinik in München lässt die Zimmer bewusst wohnlich wirken. Foto: Nickl & Partner Architekten AG Sechs begrünte Innenhöfe gehören zum Entwurf der Architekten Nickl & Partner. Die Höfe laden nicht nur zum Spazieren ein, sondern bringen Licht in alle Ebenen des Gebäudes. Foto: Nickl & Partner Architekten AG 94 Praxis
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