Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 20

zm 107, Nr. 20, 16.10.2017, (2386) Den Begriff „Plasma“ assoziieren Mediziner häufig zunächst mit dem naheliegenden Blutplasma. Dabei sind physikalische Plas- men – auch als vierter Aggregatzustand bezeichnet – nicht erst seit der Plasma-TV- Technologie, sondern seit vielen Jahrzehnten Bestandteile zahlreicher industrieller An- wendungen. Das Forschungsgebiet der Plasmamedizin wiederum untersucht eine mögliche Nutzung dieser neuen Sprung- innovation für medizinische Anwendungen [Metelmann et al., 2016]. Im vergangenen Jahrzehnt haben zahlreiche Wissenschaftler weltweit die potenziellen Eigenschaften von Plasma in Laborunter- suchungen gezeigt. Die Anwendungs- möglichkeiten der Plasma-Technologie im Bereich der Zahnmedizin sind sehr vielfältig. Neben vielen Vorteilen sind insbesondere die antibakteriellen Fähigkeiten gegenüber Biofilmen und die Möglichkeit, Oberflächen zu modifizieren und Heilungsvorgänge zu fördern, vielversprechend [Jablonowski et al., 2013]. Diese Fähigkeiten des Plasmas helfen bei der Behandlung multiresistenter Erreger, bei der Heilung chronischer Wunden bis hin zur Abtötung von Krebszellen und machen Plasma damit zu einer vielversprechenden Option für bisher ungelöste zahnärztliche Probleme, beispielsweise für die Therapie der Periimplantitis (Abbildung 1). Die damit verbundenen Herausforderungen bei der Entwicklung erster Plasmaquellen (Abbildung 2) zur Erzeugung kalter (Körper- temperatur) Plasmen unter Atmosphären- druck erfordern einen interdisziplinären Aus- tausch von Plasmaphysikern für die Quellen- entwicklung, Biologen für die zelluläre Cha- rakterisierung der Effekte und entsprechenden Medizinern für die klinische Anwendung und Untersuchung entsprechender Medizin- geräte für die unterschiedlichen Bereiche in der Medizin, der Veterinärmedizin und der Zahnmedizin. Ein solcher Moment bot sich am 13./14. Sep- tember 2017 in Rostock beim 5. Workshop Plasmamedizin zum Thema „Therapeutischer Einsatz von physikalischen Plasmen – Neue Erkenntnisse aus Physik, Medizin und Biolo- gie“. Die vom Anwenderkreis Atmosphären- druckplasma (ak-adp) in Zusammenarbeit mit dem Nationalen Zentrum für Plasmamedizin (NZPM) veranstaltete Vortragsreihe dient als nationales Treffen der deutschsprachigen Plasma-Community alternierend zur alle zwei Jahre stattfindenden internationalen Konferenz für Plasmamedizin (ICPM). Neben zahlreichen Fachvorträgen aus den Bereichen Dermatologie, Plasmabeschich- tungen, Plasma-behandelte Flüssigkeiten und weiteren beeindruckenden Fallbeispielen widmete sich ein Teil auch der Anwendung kalter Plasmen in der Zahn-, Mund- und Kie- ferheilkunde. Wissenschaftler aus Greifswald, darunter Mitarbeiter des Leibniz-Instituts für Plasmaforschung und Technologie (INP) und des Zentrums für Zahn-, Mund- und Kiefer- heilkunde der Universitätsmedizin Greifswald (UMG), präsentierten ihre Ergebnisse. Trotz der zahlreichen positiven Möglichkeiten, die die Plasma-Technologie bietet, sollten potenzielle Risiken und mögliche uner- Klinische Forschung Plasma goes Zahnmedizin Erstmals haben präklinische Langzeituntersuchungen gezeigt, dass kaltes Plasma gut verträglich ist und keinerlei potenzielle Gefahren für karzinogene Ver- änderungen im oralen Raum feststellbar sind. Dr. Lukasz Jablonowski, Wissen- schaftlicher Mitarbeiter am Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde der Universitätsmedizin Greifswald, gibt einen Einblick, welche Chancen kaltes Plas- ma therapeutisch für die Zahnmedizin bietet und wo noch Fragezeichen stehen. Abbildung 1: Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme eines von Periimplantitis betroffenen und explantierten zahnärztlichen Implantats mit dichtem Biofilmwachstum – eine Herausforderung für heutige Therapieansätze Foto: Jablonowski Abbildung 2: Eine Plasmaquelle für medizinische Anwendungen auf der Haut (kINPen MED, Neoplas GmbH Greifswald). Vorne im Bild sichtbar das Plasma in Form einer kalten Flamme, die durch den Plasmajet erzeugt wird. Foto: Universitätsmedizin Greifswald 96 Zahnmedizin

RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=