Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 20

zm 107, Nr. 20, 16.10.2017, (2388) wünschte Nebenwirkungen auf demWeg zu einer medizinischen Anwendung auch im zahnärztlichen Bereich zuvor ausgeschlossen werden. Bisherige präklinische Kurzzeit- versuche haben gezeigt, dass Plasma- behandlungen der Mundschleimhaut gut verträglich sind. Entsprechende Langzeit- untersuchungen, insbesondere zur Abklärung möglicher Nebenwirkungen oder Risiken (etwa eines karzinogenen Effekts) fehlten bisher. Im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten, mehrjährigen wissenschaftlichen Vorprojekts „Untersuchung des Nebenwirkungsrisikos bei dentalen Anwendungen von Atmosphären- druckplasma (PlasmaDent)“ (FKZ: 13N12961) von Wissenschaftlern aus der Universitäts- medizin Greifswald (Prof. Dr. Frank Dom- browski, Dr. Lukasz Jablonowski, Prof. Dr. Thomas Kocher), dem Universitätsklinikum des Saarlandes (Prof. Dr. Stefan Rupf), den Leibniz-Instituten Greifswald (Prof. Dr. Thomas von Woedtke) und Leipzig (Prof. Dr. Thomas Arnold, Dr. Axel Schindler), dem Fraunhofer-Institut Leipzig (Dr. Andreas Schubert) und der Universität Regensburg (Dr. Katja Evert, Prof. Dr. Matthias Evert) wurde diese Fragestellung beleuchtet. Die Arbeitsgruppe untersuchte die Wirkung von zwei unterschiedlichen Labor-Plasmaquellen (kINPen09 und PS-WMW), die bereits in Laborstudien umfangreich für mögliche zahnärztliche Einsatzzwecke untersucht wurden [Weltmann et al., 2009; Rupf et al., 2010], im lebenden Organismus (der Maus). Um kleinste Effekte im Untersuchungszeit- raum (zwölf Monate) erkennen zu können, wurden zusätzlich chronisch geschwächte Lebewesen monatlich mit Plasma behandelt. Aus dieser umfangreichen Studie lässt sich schlussfolgern, dass für die untersuchten Plasmaquellen das jeweilige Plasma mit seinen Bestandteilen (Elektronen, Ionen, Radikalen, UV- & VUV-Strahlung, reaktive Spezies (zum Beispiel Ozon), elektrischen Feldern) und den verwendeten Parametern gut vertragen wurde und keinerlei potenzielle Gefahr für karzinogene Veränderungen feststellbar war. Selbst für die geschwächten Organismen führte eine regelmäßige Plasmabehandlung zu keiner Erhöhung der Häufigkeit von Prä- neoplasien oder Plattenepithelkarzinomen. Diese Erkenntnisse unterstützen die weitere Entwicklung sicherer Therapieoptionen und stellen einen Meilenstein dar, der es den For- schern ermöglicht, Plasma nun auch hin- sichtlich seiner Wirksamkeit in der klinischen Anwendung zu untersuchen. Greifswalder Zahnmediziner, darunter Prof. Dr. Thomas Kocher und der Autor, wollen nun in einem durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Verbundprojekt (ca. 1,7 Millionen Euro), dieser Fragestellung mit weiteren Kollegen und Partnern aus der Industrie nachgehen. Kaltes Plasma ist – nun spätestens – in der Zahnmedizin angekommen und wird in den nächsten Jahren vermutlich auch den Kollegen in der Praxis bei der Behandlung zahlreicher Probleme eine Unterstützung bieten können. Dr. med. dent. Lukasz Jablonowski Universitätsmedizin Greifswald Zentrum f. Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde Abteilung Parodontologie – Wissenschaftliches Forschungslabor – Rotgerberstr. 8 , 17489 Greifswald lukasz.jablonowski@uni-greifswald.de Die Unterstützung der Wundheilung der Haut mit kaltem Atmosphärendruckplasma (kurz: kaltes Plasma) hat sich bereits als sehr erfolgreich erwiesen, besonders in der Therapie von chronischen, schlecht heilenden Wunden. Seit 2013 ist kaltes Plasma als zugelassenes Medizinprodukt dafür im Einsatz. Neue Indikationsfelder werden permanent erforscht. In einem Greifswalder Forschungsprojekt und initialem Therapieversuch sollte die Nutzbarkeit von kaltem Plasma bei der Therapie von oralen Präkanzerosen unter- sucht werden. Biopsien der Schleimhaut- läsionen (wie Licher ruber mucosae und Leukoplakie) wurden zunächst ex vivo mit dem kalten Plasma behandelt und auf die Induktion von Apoptosen nach Plasma- exposition untersucht. Dazu wurden die Schleimhautproben im Abstand von 10 mm punktförmig behandelt und anschlie- ßend für einen Tag als Gewebekultur in Williams-E-Nährmedium im Brutschrank gehalten. Das erlaubt dem Gewebe auf die Einwirkung des Plasmas zu reagieren und zelluläre Prozesse in Gang zu setzen, die dann für uns nachweisbar sind (zum Beispiel Apoptosen). Absterbende Zellen weisen wir mit einem kommerziell erhält- lichen TUNEL-Assay an Gefrierdünn- schnitten nach. Diese erscheinen dann als fluoreszierende Zellen und können quantitativ mit digitaler Bildauswertung bestimmt werden. Im Vergleich zur gesunden Mukosa ließ sich in den Leukoplakieproben ein deut- lich höherer Anteil apoptotischer Zellen im TUNEL-Assay detektieren, während der Anstieg bei den Lichen-ruber-Proben lediglich geringfügig ausfiel. Erste Therapieversuche an ausgewählten Patienten konnten eine Reduktion sowohl leukoplaker als auch lichenoider Schleim- hautareale zeigen. Des Weiteren gaben Patienten der Lichen-ruber-Gruppe eine Verringerung der Beschwerden an. Mit diesen Ergebnissen könnte eine Erwei- terung der Plasmaanwendungen auf chro- nische Mundschleimhauterkrankungen in Aussicht stehen. Des Weiteren hoffen wir, mit kaltem Plasma eine neue Möglichkeit in der präventiven Tumortherapie zu er- öffnen. Weitere molekularbiologische und histologische Untersuchungen stehen im Fokus derzeitiger Forschung. Dr. Sybille Hasse Leibniz-Institut für Plasmaforschung und Technologie e. V. (INP), Greifswald Dr. Christian Seebauer Prof. Hans-Robert Metelmann Klinik und Poliklinik für Mund-Kiefer- Gesichtschirurgie Universitätsmedizin Greifswald Prof. Dr. Thomas von Woedtke Leibniz-Institut für Plasmaforschung und Technologie e. V. (INP), Greifswald, Abt. für Hygiene und Umweltmedizin, Universitätsmedizin Greifswald Wo Plasma bereits eingesetzt wird K LINISCHE P RAXIS Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion angefordert werden. 98 Zahnmedizin

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