Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 21
zm 107, Nr. 21, 1.11.2017, (2457) zu können. Nach langer Arbeitszeit fordert diese Haltung ihren Tribut und führt zu einer dauerhaft krummen Körperhaltung. Die Abbildungsserie 8 bis 10 zeigt Aus- schnitte aus einem Experiment, bei dem die Belastung des Damms und der Muskeln im Oberschenkel mittels Druckmatte auf dem Sitz von mehreren Arbeitsstühlen gemessen und visualisiert wurde [Engels/Hokwerda, 2006]. Die Biomechanik beim Behandeln im Sitzen Um mit einer möglichst geringen Belastung der Haltungsmuskeln eine mikromechanische Manipulationen fordernde Behandlung in einem Patientenmund durchführen zu kön- nen, muss der Zahnarzt symmetrisch auf- recht sitzen [ISO 11226, 2000; Hokwerda et al., 2007] – um die Belastung des gesamten Körpers zu verringern und Verrenkungen im Kopf-Hals-Bereich zu vermeiden. Wenn der Kopf jedoch nach vorne gebeugt wird, er- gibt sich ein Ungleichgewicht mit Hebel- wirkung (Abbildung 11), für die zusätzliche Muskelkraft erforderlich ist. Auch wenn das tatsächliche Gewicht des Schädels bei Bewegungen nicht zunimmt, steigert seine Bewegung nach vorne die Last auf die Halsmuskeln, den Rücken und das Gesäß, die ausgeglichen werden muss. Bei einem P 95 -Mann ergibt sich beispielsweise bei einer Vorbeugung von nur 10 Grad eine (relative) Gewichtszunahme von 234 N, das heißt eine Muskellast von 23 kg, die sich bei einer Vor- beugung von 30 Grad verdreifacht! Wenn während der zahnmedizinischen Be- handlung nicht nur der Kopf, sondern auch der Rumpf – zur besseren Sicht in die Mund- höhle des Patienten – nach vorne gebeugt wird, erhöht sich die Gewichtszunahme des Kopfes und belastet die Kopf-Hals-Schulter- Muskeln zusätzlich (Abbildung 12). Es gibt zwei Arten von kompensatorischen Reaktionen des Körpers auf diese komplexe Weise, sich nach vorne zu beugen: Reaktion 1: Der Rumpf wird vom Becken ausgehend, nach vorne bis zu einem Maxi- mum von zehn Grad gebeugt, ohne die Position der einzelnen Wirbel zu verändern. Der Kopf wird nach vorne gebeugt bis zu Abbildung 10 zeigt den Ghopec-Stuhl in einer hohen Sitzposition (125°). Die Kürze des blaugrauen Bereichs ist darauf zurück- zuführen, dass der vordere Teil des Sitzes nach unten geneigt ist. Abbildung 9d: Ein traditioneller 90/90/90°- Stuhl mit zu weicher Polsterung, der kein Sitzen in höherer Position zulässt. Alle Bilder: Engels/Hokwerda Abbildung 9c: Ein traditioneller Sattelstuhl – die Sitzknochenzone kann nicht definiert werden, man beachte den Druck in der Schamgegend.
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