Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 21

zm 107, Nr. 21, 1.11.2017, (2466) Frau Wolff, was hat Sie veranlasst, einen Verband einzig für Zahnärztin- nen zu gründen? Birgit Wolff: Eigentlich war es nur ein einziger Satz, genauer eine kurze Formulierung – aber diese wiederholte sich damals, 2007, beim Arbeitstreffen der Länderpressereferen- ten aus Kammern und KZVen einige Male in den Statements der Repräsentanten der Bundesorganisationen, als sie auf künftige Entwicklungen und Problemthemen auf- merksam machten. Die Formulierung lautete „die drohende Feminisierung des Berufsstandes“. Das fand ich ungeheuerlich. Die Zahnärztinnen ab- solvieren die gleiche Ausbildung wie die Zahnärzte, was bitte sehr sollte da „drohen“? Offenbar fehlte eine Interessenvertretung der Zahnärztinnen, um hier eine Gegen- stimme zu erheben. So etwas sollte es aber geben, gerade wenn solche Formulierun- gen sich festzusetzen drohen. Zeitgleich erlebte ich einige heftige Reaktio- nen im männlichen Vorstand eines Berufs- verbands auf die Idee, einen Chirurgie-/ Implantologie-Kurs allein für Zahnärztinnen auszurichten, nachdem mangelnder weib- licher fachlicher Nachwuchs beklagt wurde: Für eine solche „mono-edukative“ Fortbil- dungsstruktur gab und gibt es motivierende Studien. Das Konzept wurde als „Emanzen- kram“ vom Tisch gewischt. Sie haben aber nicht aufgegeben. Nein. Bei der bald darauf folgenden IDS 2007 sah ich an einem Stand ein kleines Info-Café für Frauen im Gesundheitswesen. Ich war schon erfreut, dass es offenbar ein Angebot gibt – erkannte dann aber, dass es ein Inkassounternehmen war, das die Damen einlud. Das war natürlich keine Lösung. Eine Interessenvertretung sollte aus dem eigenen Kreis stammen und unabhängig sein. Abends nach der Messe habe ich dann ein Konzept entwickelt – wenn man so viele Jahre als Selbstständige Presse- und Öffent- lichkeitsarbeit macht, ist so etwas nicht sooo ein großer Aufwand – und am Folgetag mit der Realisierung begonnen. Es sollte ein Berufsverband werden. Ich traf bei den ge- planten Sponsoren, die den Start absichern sollten, auf große Unterstützung, einige sind noch heute dabei. Was verband die Gründerinnen? Sinn der Gründung war ja: Wir drehen die Münze „drohende Feminisierung“ einfach um und zeigen, was für ein Gewinn es für den Berufsstand und die Weiterentwicklung der Zahnmedizin ist, wenn sich weibliche Expertise spürbar mit einbringt. Da die zahnmedizinischen Organisationen – von den Kammern über die Berufsverbände bis zu den Fachgesellschaften – damals (und nach wie vor) fast ausschließlich von Zahnärzten geführt wurden, sollte es hier eine weibliche Stimme geben, die sich bei Bedarf einmischt. Eine solche Stimme kam ja sonst in den Gremien, die den Berufsstand steuern, nicht vor – wenn man von dem häufig gebrauchten Satz mal ab- sieht, man denke „als männlicher Präsident oder Vorsitzender für die Kolleginnen doch mit“. Das mögen die Herren so auch gefühlt haben, und bei vielen Themen mag das auch passen, aber nicht ganz ohne Grund gibt es mancherlei Witz, der die Ratlosigkeit von Männern hinsichtlich des Verstehens ihrer Frau thematisiert. Frauen sind nicht Männer – nur kleiner und rosa. Da gibt es doch einiges, was die beiden Geschlechter über die Biologie hinaus unterscheidet ... Wurden Ihnen denn Steine in den Weg geworfen? Es gab damals durchaus eine Menge Gegen- wind – auch von manchen Zahnärztinnen. Mein „Lieblingsspruch“: „Jetzt habe ich es endlich geschafft, von den Männern aner- kannt zu werden – und dann kommt ihr mit sowas!“ Ältere Zahnärzte kritisierten vor ein paar Jahren das Ansinnen der Kammer Nieder- sachsen, einen Zahnärztinnenkongress mit spezifischen Themen für die Kolleginnen auszurichten, als „faschistoid“. Und noch gar nicht so lange her ist eine Klage eines Zahnarztes gegen einen „Chirurgie- kurs für Zahnärztinnen“. Genau an diesem Wochenende habe er Zeit für eine solche Fortbildung und jetzt werde er da diskriminiert. Ein Hochschulprofessor forderte Studien- gebühren für Zahnmedizinstudentinnen, da diese später ja nur in Teilzeit arbeiteten und ? ? ? ? Birgit Wolff im Interview „Frauen sind nicht Männer in kleiner und rosa!“ Vor zehn Jahren gründete Birgit Wolff das Zahnärztinnenforum Dentista e.V. Nun zieht sie sich aus der aktiven Arbeit zurück. Hier erzählt sie, gegen welche Vorurteile der Verband damals kämpfen musste („Emanzenkram“) und wofür er heute einsteht (zum Beispiel für eine Angestelltenkultur). Birgit Wolff: „Frauenquote in der Standespolitik wäre heute sinnvoll.“ Foto: Dental Relations 40 Politik

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