Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 21

zm 107, Nr. 21, 1.11.2017, (2468) Ich war einst der Meinung, wir brauchen nicht noch mehr Verbände, sondern einen starken Verband, der in der Lage ist, den verschiedenen Strömungen eine – gemeinsame – Richtung zu geben. Aus meiner Vorstandserfahrung denke ich heute anders. Es braucht zu lange und kostet zu viel Energie, um verkrustete Strukturen aufzuweichen und zu modernisieren. Der Berufsstand hat sich von einer Männerdomäne in einen von immer mehr Frauen ausgeübte Profession gewandelt. Die sich daraus ergebenden Anforderun- gen an eine freie selbstbestimmte Berufsausübung zu definieren und einzufordern hat die Standespolitik bisher versäumt. Das von mir initiierte Weimarer Forum ist in den vergangenen Jahren zu einer festen Institution ge- worden und viele ehemalige Teilnehmer wünschten sich nach meiner Abwahl als Bundesvorsitzende eine Fortsetzung. Es wurde Zeit, gewachsene Beziehungen in guten Gesprächen zu erneuern und neue Impulse für Kommendes zu sammeln. Aus diesemGrund habe ich mich, trotz einiger Widerstände ent- schlossen, es weiterzuführen. Es ist mein Selbstverständnis, eine derart erfolg- reiche Veranstaltung nicht von meiner Position in einem Verband abhängig zu machen. Und es hat sich auch gezeigt, dass die im Umfeld entstandenen Aktivi- täten für Zahnärztinnen immer wichtiger geworden sind. Abgesehen davon werden wir in den kommenden Jahren durch unser zahlenmäßig enormes Wachstum eine Schlüsselrolle in der zahnmedizinischen Versorgung einnehmen. Was liegt also näher, als das Forum weiterzuführen und zu einemMachtinstrument auszubauen, von dem in den kommenden Jahren Ideen und Denkanstöße ausgehen werden? Mein Ziel ist es, daraus einen weiblichen zahnmedizinischen Thinktank zu formen. Dr. medic. stom. (IMF Timisoara) Kerstin Blaschke ist niedergelassene Zahnärztin in Schmalkalden und war von 2013 bis 2015 Vorsitzende des Freien Verbands Deutscher Zahnärzte (FVDZ). 2009 gründete sie das ZoRA KompetenzNetzwerk – heute eine eingetragene Initiative des FVDZ. „Ein Machtinstrument und Thinktank!“ K ERSTIN B LASCHKE Brauchen Zahnärztinnen noch eigene Verbände? Foto: L. Chaperon Photographie mit den niedrigen Steuerzahlungen dem Staat nicht zurückgäben, was er an Geldern in die Ausbildung investiert habe. Mit solchen und ähnlichen Kommentaren auch zu Unfähigkeiten von Zahnärztinnen („können keine Drähte biegen“, „machen Wischiwaschi-Zahnmedizin und für die har- ten Fälle müssen wir Männer dann wieder reparieren“, „für die ist Zahnmedizin doch nur Hobby, die leben doch vom Einkommen ihres Mannes“ etc.) könnte man Bücher füllen. Das alles hat Dentista nur weiter motiviert. Dass uns das nur stärker gemacht hat, da- rauf bin ich schon ein bisschen stolz. Nicht auf mich, sondern auf uns alle im Team. Auch der Vorwurf, der Zahnärztinnenver- band spalte den Berufsstand, so damals die Bundeszahnärztekammer, hat sich längst gelegt – die geänderte Einstellung wurde in einer Kooperationsvereinbarung offiziell besiegelt. Wer inspiriert Dentista inhaltlich – nur die Mitglieder? Ja, aber nicht nur. Wir beobachten die Entwicklungen im Berufsstand natürlich vor allem grundsätzlich. Mein Kernsatz: So wie andere zu Schokolade greifen, so greifen wir zu den Daten ... Dentista ist, wenn man so will, erst in zweiter Linie Interessen- vertretung der Zahnärztinnen – das ergibt sich oft als direkte Konsequenz aus den Daten. Der Zahnärztinnenverband hat von Anfang an seine primäre Aufgabe so definiert, dass er die Entwicklungen im Berufsstand beob- achtet, die sich aus dem steigenden Anteil an Zahnärztinnen ergeben. Diese Entwick- lungen werden hinterfragt, diskutiert, oft durch externe Expertise erweitert. Wir ha- ben beispielsweise in den Startjahren viele wichtige Daten und Fakten aus den Arbeiten des IDZ nutzen können. Dafür waren und sind wir sehr dankbar. Und es gab und gibt viele Gespräche mit der BZÄK, auf unterschiedlichsten Ebenen – ein wichtiger Austausch über die Entwick- lungen und wie sie wahrgenommen wer- den. Die Frage war und ist immer: Regelt sich das allein, oder macht es Sinn, dem Berufsstand etwas an die Hand zu geben, an Argumenten oder Maßnahmen? So entstand damals, noch vor der Koopera- tionsvereinbarung mit der Bundeszahn- ärztekammer, auch der erste „Ratgeber Schwangerschaft“. Ohnehin sprechen unsere Publikationen immer den gesamten Berufsstand an – ab- gesehen von unserem Flyer, der explizit „für den Mann“ entwickelt wurde. Zahnmedizin aus Sicht der Kolleginnen – für den ganzen Berufsstand. Manches Thema, aus dem Kreis der Zahnärztinnen oder aus der Ge- samtentwicklung, schwelt auch längere Zeit, weil viele Aspekte mitbedacht werden und divergierende Interessen unter einen ? 42 Politik

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