Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 21
zm 107, Nr. 21, 1.11.2017, (2474) Zwar werden neue Konzepte umgesetzt und die Betreuungsrelation in den klinischen Kursen (bisher 1 Zahnarzt für 6 Studenten) wird dem „bedside teaching“ in der Medi- zin gleichgestellt. Das heißt, dass zukünftig in den klinischen Kursen der Zahnmedizin, in denen Studierende Parodontitis nach dem geschlossenen Vorgehen behandeln, Res- taurationskavitäten oder Zähne für Kronen beschleifen, eine so engmaschige Betreuung vorgesehen ist wie in der Medizin, wenn Studierende den Puls der Patienten fühlen. Großartig! Etwas, das man für selbstverständ- lich halten sollte, wird endlich realisiert; könnte man meinen. Warum benötigen wir eine neue ZApprO? Nur weil die bisherige im Wesentlichen aus den 50er-Jahren des vorigen Jahrhunderts stammt? Nein. Zahnmedizinische Ausbildung sollte an die aktuellen sowie zukünftigen An- forderungen angepasst und besser werden. Wie geht „besser“, ohne die Kosten zu er- höhen? Der Enthusiasmus der in den zahn- medizinischen Universitätsinstitutionen Leh- renden ist ohnehin chronisch überstrapaziert. Von dem Geld, das die Länder den Univer- sitäten für zahnmedizinische Lehre zur Ver- fügung stellen, kommt ohnehin nicht alles bei den zahnmedizinischen Institutionen an. Nachdem mit der alten ZApprO lange, bild- haft gesagt, Mittelklasse gefahren wurde, will man mit der neuen ZApprO nun S-Klasse fahren. Nur mehr kosten darf das nicht. Ein Ding der Unmöglichkeit! Zwar hat auch der Präsident der Bundeszahnärztekammer diese Unmöglichkeit noch vor der ursprünglich für den 22. September 2017 anberaumten Entscheidung im Bundesrat klar und deutlich formuliert (zm 17/2017, Leitartikel: „Jetzt liegt es am Bundesrat!“), aber ist es realistisch, darauf zu hoffen, dass Bund und Länder von der Vorgabe der Kostenneutralität abrücken werden? Jetzt ist erst einmal das eingetreten, was Kollege Engel als mittlere Katastrophe bezeichnet hat: die Absetzung der ZApprO von der Tagesordnung der letzten Sitzung des Bundesrats vor Ende der Legislaturperiode und damit der Aufschub der Entscheidung ins nächste Jahr mit neuen politischen Kon- stellationen. Wenn Kollege Luthardt zur neuen ZApprO schreibt „in der alten Ordnung betrug die Betreuungsrelation 1:6, jetzt soll es 1:3 sein. Die Idee ist, wenn man die Betreuungsrelation verbessert, dann braucht man auch weniger Personal zur Betreuung“ („Es geht um die Zukunftsfähigkeit des Berufs“, zm 17/2017), traue ich meinen Augen bzw. meinem Ver- stand nicht. Wurden bisher 6 Studierende von 1 Zahnarzt betreut, sollen es zukünftig 2 Zahnärzte sein. So könnte die praktische Ausbildung tatsächlich verbessert werden. Nach meiner einfachen Rechnung würde dies aber bei gleichbleibenden Studierenden- zahlen eine Verdoppelung des Personals be- deuten. „Weniger Personal“? Wie soll das gehen? Die Zahl der Studierenden soll um nur sechs Prozent reduziert werden. Die Lücke, die hier zur Kostenneutralität klafft, soll durch eine Reduktion der Kurszeiten geschlossen werden, was weniger praktische Ausbildung der zukünftigen deutschen Zahnärzte be- deuten wird. Wie kann irgendjemand da eine Verbesserung erwarten? So wird Geld gespart, aber auch das Verbesserungspotenzial durch die verbesserte Betreuungsrelation neutrali- siert. Die erheblichen strukturellen Änderun- gen der Staatsprüfungen, die ebenfalls einen hohen zusätzlichen, auch personellen Auf- wand erfordern werden, möchte ich an dieser Stelle nicht detailliert darstellen. Vor allem die praktische Ausbildung der Zahnärzte, die immer ein wesentliches Qualitätsmerkmal der zahnmedizinischen Ausbildung war, wird mit der neuen ZApprO anders, aber leider unter dem Primat der Kostenneutralität nicht besser werden. Wenn die BZÄK nun vehement für eine baldige Umsetzung der neuen ZApprO wirbt, muss allen klar sein, dass es nicht die BZÄK sein wird, die die ZApprO umsetzen und damit finanzieren wird, sondern die Universitäten und damit die Bundesländer. Eine alleinige Veränderung der Ausbildung, die wegen des Primats der Kostenneutralität in keiner Verbesserung resultieren wird, braucht niemand. Sie wäre reine Zeitverschwendung. Es ist schade um all das Engagement, den Enthusiasmus und die Mühe, die viele, vor allem Zahnmediziner, über Jahre in das Projekt neue ZApprO investiert haben. Die Maßgabe der Kosten- neutralität macht alles zunichte. Da können wir gleich mit der alten ZApprO weiterwursteln … Univ.-Prof. Dr. Peter Eickholz Direktor der Poliklinik für Parodontologie Zentrum der Zahn-, Mund- und Kieferheilkun- de der Johann Wolfgang Goethe-Universität Theodor-Stern-Kai 7, 60596 Frankfurt/ Main Die ZApprO unter der Maßgabe der Kostenneutralität Es wird vieles anders werden, aber nicht besser! Die neue ZApprO wurde nun endlich vom Bundeskabinett verabschiedet. Nach jahrelangem Hin und Her, Auf und Ab gibt es endlich eine Entscheidung. Diese Entscheidung hat leider einen erheblichen Schönheitsfehler. Foto: privat Foto: fotolia_Framestock 48 Politik
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