Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 21

zm 107, Nr. 21, 1.11.2017, (2478) wand entzündet und können sich beim Fortschreiten der Erkrankung verdicken. Das kann zu Komplikationen wie der Entwicklung von Strikturen und Stenosen führen und operative Eingriffe notwendig machen. Als Komplikationen infolge der chronischen Entzündung gefürchtet sind außerdem Abszesse, Analfissuren und Fisteln. Beim Be- fall im Mundbereich kommt es nicht selten zur Bildung von schmerzhaften Ulzera und Aphthen. Zwar kann der gesamte Verdauungstrakt von den Entzündungen betroffen sein, am häufigsten aber ist das terminale Ileum, also der Übergang vom Dünndarm in den Dick- darm, befallen. Anders als bei der Colitis ulcerosa breitet sich die Erkrankung nicht kontinuierlich, sondern segmental aus und kann mehrere, nicht zusammenhängende Stellen des Verdauungstrakts befallen. Colitis ulcerosa Bei der Colitis ulcerosa, die charakteristischer- weise ebenfalls schubartig verläuft, mani- festiert sich die Entzündung im Kolon. Sie breitet sich üblicherweise vom Mastdarm beginnend kontinuierlich in den Dickdarm aus, wobei sich eine Pancolitis, also eine Entzündung des gesamten Kolons, aus- bilden kann. Je nach Ausbreitung gibt es verschiedene Krankheitsformen: So ist eine Enddarmentzündung, die Proktitis, von einer linksseitigen Colitis, also einer über die linke Flexur reichenden ausgedehnten Colitis, und einer Pancolitis, die den gesamten Dickdarm betrifft, zu unterscheiden. Der in den Dickdarm mündende Dünndarm kann auf den letzten Zentimetern ebenfalls ent- zündlich verändert sein, man spricht dann von einer „backwash ileitis“. Die Inzidenz der Colitis ulcerosa beträgt in Deutschland etwa 4 bis 10 auf 100.000 Ein- wohner pro Jahr, die Prävalenz etwa liegt bei 40 bis 80 auf 100.000. Das Leitsymptom der Erkrankung sind blutig-schleimige Durchfälle. Diese treten ernährungsunabhängig und sehr häufig nachts auf und können von kolikartigen Leibschmerzen (vor allem im linken Unter- bauch) und auch von Fieber und einem star- ken Gefühl der Abgeschlagenheit begleitet sein. Analog zum Morbus Crohn kommt es bei Kindern und Jugendlichen häufig zu Wachstumsstörungen. Gefürchtete Kompli- kationen der Erkrankung sind Blutungen sowie ein toxisches Megakolon mit dem Risiko einer Perforation des Darms. Mikroskopische Kolitiden Unter dem Begriff der mikroskopischen Kolitis werden (als weitere chronisch entzündliche Darmerkrankungen) die kollagene und die lymphozytäre Kolitis zusammengefasst. Es handelt sich um seltene Erkrankungen. Die chronische Entzündung ist im Kolon loka- lisiert, jedoch mittels der üblichen Darm- spiegelung diagnostisch nicht zu erfassen. Zu diagnostizieren ist die mikroskopische Kolitis, wie der Name schon andeutet, ledig- lich aus dem histologisch aufgearbeiteten Biopsiematerial. Dort fällt die lymphozytäre Kolitis durch eine gehäufte Zahl von Lym- phozyten in der Darmschleimhaut auf. Bei der kollagenen Kolitis ist eine verdickte Kollagenschicht unter den Epithelzellen zu beobachten. Bei beiden Krankheitsformen kommt es zu wässrigen Durchfällen, die in aller Regel unter einer Behandlung mit dem topisch wirksamen Steroid Budesonid zurückgehen. Therapie Patienten mit einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung werden je nach Schwere der Erkrankung üblicherweise mit etablier- ten Wirkstoffen wie Mesalazin und eventuell Kortikoiden einschließlich dem lokal wirk- samen Kortikoid Budesonid behandelt, sowie mit Immunsuppressiva wie Azathioprin oder Methotrexat. Zu unterscheiden ist zwischen der Akuttherapie, bei der es darum geht, eine Remission zu erwirken, und der sich anschließenden Erhaltungstherapie, deren Ziel es ist, das Krankheitsbild anhaltend zu stabilisieren. Die Behandlung erfolgt bei der Colitis ulcerosa infolge der Lokalisation im Mast- und im Dickdarm bevorzugt mittels Zäpfchen, Klysmen und Schäumen. Zunehmend zum Einsatz kommen Biologika und hierbei in erster Linie Tumor-Nekrose- Faktor(TNF)-Antikörper. In jüngster Zeit sind auch neue Biologika für die Behandlung verfügbar geworden. Etwa der Wirkstoff Vedolizumab, der beim Morbus Crohn und der Colitis ulcerosa angezeigt ist bei Ver- sagen einer TNF-Antikörper-Therapie, sowie der Antikörper Ustekinumab, der zur Therapie des Morbus Crohn zugelassen ist. Es gibt weitere Substanzen in der Pipeline, so dass in absehbarer Zukunft mit einer Erwei- terung der Therapiemöglichkeiten zu rechnen ist. In klinischer Entwicklung sind sogenannte JAK-Antagonisten, Wirkstoffe, die eine ziel- gerichtete Immunmodulation bedingen, in- dem sie Kinasen blockieren. Diese fungieren als Schnittstellen der Signaltransduktion bei mehreren Zytokinen. Gehemmt werden speziell Janus-Kinasen, die an der Entzün- dungsregulation beteiligt sind. Beim Auftreten gravierender Komplikationen wie relevanten Stenosen, Fisteln oder Abs- zessen sind operative Eingriffe unumgäng- lich. Da auch eine Operation die Krankheit nicht heilen kann, ist es beimMorbus Crohn besonders wichtig, möglichst wenig Darm operativ zu entfernen, um Funktionsstörun- gen, zum Beispiel durch eine unzureichende Nährstoffaufnahme, zu vermeiden. Bei der Colitis ulcerosa kann bei schwerem Verlauf der gesamte Dickdarm entfernt und eine neue Verbindung – mittels einer Dünndarm- schlinge in Taschenform – mit dem After hergestellt werden. Vorübergehend kann dabei auch ein künstlicher Darmausgang notwendig werden. Patienten mit schwerer Verlaufsform brauchen unabhängig von der medikamentösen und der operativen Therapie in aller Regel auch eine gute psychologische und psychosoziale Be- treuung und Beratung. Das gilt insbesondere für Themen wie Reisen mit und trotz CED sowie bei Fragen der Fertilität und des Kinder- wunschs. Je nach individueller Symptomatik Neues und Bewährtes aus Medizin, Praxis und Forschung. 52 Medizin

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