Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 21

zm 107, Nr. 21, 1.11.2017, (2480) ist außerdem eine supportive Therapie zum Beispiel beim Auftreten von Schmerzen und/oder bei depressiven Verstimmungen erforderlich. Neben Entzündungen im Gastrointestinal- trakt können chronisch entzündliche Darm- erkrankungen auch mit extraintestinalen Manifestationen einhergehen. Besonders häufig kommt es hierbei zu Entzündungen im Bereich der Augen, der Haut und der Gelenke. Zu bedenken ist außerdem bei der Colitis ulcerosa – beim Kolonbefall auch beim Morbus Crohn – ein erhöhtes Risiko für die Bildung eines kolorektalen Karzinoms. Von zentraler Bedeutung scheinen die Krankheitsdauer sowie das Ausmaß der Ent- zündungsreaktionen zu sein. Die Patienten bedürfen deshalb einer regelmäßigen Über- wachung mittels Darmspiegelungen, um eine Krebsfrüherkennung zu gewährleisten. Christine Vetter Medizinische Fachjournalistin Nicht selten zeigen sich gastrointestinale Patholo- gien im Kiefer, in der oralen Mukosa oder im perioralen Gewebe. Zeitlich ist ein enorales Auftreten vor der gastrointestinalen Mani- festation, während der Erkrankung oder auch nach erfolgreicher gastrointestinaler Therapie möglich. Morbus Crohn & Colitis ulcerosa Sowohl beim Morbus Crohn als auch bei der Colitis ulcerosa können orale Zeichen wie eine Xerostomie, Halitosis und/oder ein Reflux vor- kommen, wobei diese weder spezi- fisch sind noch eine Differenzierung zwischen den beiden Erkrankungen erlauben. Nur ein geringer Prozent- satz der Patienten mit Morbus Crohn entwickelt echte orale Läsionen, wo- bei hier bevorzugt jüngere Männer betroffen sind. Die Manifestationen im Mund sind meistens multifokal, linear, nodulär, polypoid oder be- stehen nur aus diffusen Verdickungen der oralen Mukosa mit einer labialen oder buccalen Prädilektion. Charakteristischer- weise sind sie fest und auf Palpation schmerzlos, wobei es in Fällen von Ulzera- tionen durchaus zu Schmerzsensationen kommen kann. Die Schmerzen treten vor allem beim Essen saurer, scharfer oder heißer Nahrung auf. Im Unterschied zu oralen Aphthen sind die mit Morbus Crohn assoziierten Ulcera persistierend, linear und tief. Das Ansprechen auf die systemische Therapie ist hoch-variabel und schlecht vorauszusagen. Insbesondere beim Vorliegen schwerer enoraler Formen kann eine lokale Therapie mit Corticosteroiden (Salbe oder sogar die intraläsionale Injektion) notwendig werden. Mikroskopisch zeigen die Läsionen eine subepitheliale, granulomatöse Inflam- mation. Da granulomatöse Läsionen auch in Fällen anderer Erkrankungen, zum Bei- spiel bei der Sarkoidose, histologisch zu be- obachten sind, kann die definitive Diagnose eines Morbus Crohn nicht aufgrund der oralen Biopsie allein getroffen werden. Weit seltener als der Morbus Crohn führt die Colitis ulcerosa zu einer Einbeziehung des Mundraums. Berichtet wird über eine Prädilektion von Männern jeglichen Alters, wobei es sich klinisch meist um verstreut angeordnete, verklumpte oder linear orientierte Pusteln auf einer erythematös veränderten Schleimhaut handelt. In der Regel ist die dorsale Zunge nicht betroffen. Ähnlich wie beim Morbus Crohn sind die Beschwerden der Patienten proportional zum Grad der Ulzerationen. Neben den Pusteln kommt es bei der enoralen Colitis ulcerosa gelegentlich zu Aphthen-ähn- lichen Auffälligkeiten, und ungefähr zehn Prozent der Patienten entwickeln zusätzlich eine mit der entzündlichen Darm- erkrankung assoziierte Arthritis der Kiefer- gelenke. Mikroskopisch liegen kryptische Abszesse ohne granulomatöse Inflamma- tion vor, wobei auch dies nicht spezifisch für die Colitis ulcerosa ist, sondern andere, oral häufigere Erkrankungen wie die Candidiasis differenzialdiagnostisch infrage kommen. Die orale Manifestation der Colitis ulcerosa spricht im Gegensatz zum Morbus Crohn normalerweise gut auf die systemische The- rapie an, wobei zusätzlich lokale Cortico- steroide und Dapson zum Einsatz kommen können. Im Unterschied zum Morbus Crohn reflektiert die Ausprägung der oralen Läsionen bei der Colitis ulcerosa die generelle Schwere der Erkrankung. Fazit für die Praxis Insbesondere beim Vorliegen persis- tierender oraler Läsionen ist eine histologische Abklärung indiziert. Neben dem Ausschluss von Maligni- tät kann das Ergebnis der technisch einfachen Biopsie die entsprechende Verdachtsdiagnose erhärten und an- schließend zu einer Untersuchung des Gastointestinaltrakts führen. In Fällen einer oralen Manifestation der Colitis ulcerosa kann diese als Maßstab für die Schwere der gastrointestinalen Erkrankung und/oder die Reaktion auf die entsprechende systemische Therapie gesehen werden. Univ.-Prof. Dr. Dr. Monika Daubländer Leitende Oberärztin der Poliklinik für Zahnärztliche Chirurgie Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz Poliklinik für Zahnärztliche Chirurgie Augustusplatz 2, 55131 Mainz daublaen@uni-mainz.de PD Dr. Dr. Peer W. Kämmerer Stellvertretender Klinikdirektor Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie der Universität Rostock Schillingallee 35, 18057 Rostock Aus Sicht der Zahnmedizin Orale Manifestationen gastrointestinaler Erkrankungen Ausgeprägte enorale Manifestation eines Morbus Crohn Foto: Kämmerer Auf Seite 56 dieser Ausgabe finden Sie einen CME-Fall zur oralen Manifestation von Morbus Crohn. 54 Medizin

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