Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 21
zm 107, Nr. 21, 1.11.2017, (2484) Formen der orofazialen Granulomatose be- inhalten die Tuberkulose und die Sarkoidose oder – wie im beschriebenen Fall – die Manifestation von chronisch entzündlichen Darmerkrankungen. Es kann sich aber auch um Ausprägungen einer Rosacea – eine Hauterkrankung, die überwiegend im Mittelgesicht auftritt – handeln. Diese ist vor allem durch fleck- förmige Rötungen und Schwellungen sowie Pusteln und Papeln gekennzeichnet, wobei hauptsächlich die Gesichtshaut und nicht der Mund betroffen ist. Des Weiteren ist selbstverständlich immer eine dentogene Ursache sowie eine Allergie als auslösender Faktor möglich [Miest et al., 2016]. Der Morbus Crohn ist eine chronisch-ent- zündliche Erkrankung, die den gesamten Gastrointestinaltrakt inklusive der oralen Mukosa betreffen kann. Die krankheits- spezifischen Manifestationen im Mund, die in 8 bis 29 Prozent aller Fälle auftreten [Pereira und Munerato, 2016; Jose et al., 2009], schließen unter anderem granulo- matöse Entzündungen mit orofazialen Schwellungen, eine granulomatöse Cheilitis, hyperplastische Areale, oberflächliche und tiefe Ulzerationen (Abbildung 4) und apthöse Läsionen (Abbildung 5) sowie Gingivitiden – wie auch im vorgestellten Fall – ein [Miest et al., 2016]. In 5 bis 10 Prozent aller Mor- bus-Crohn-Fälle wird davon ausgegangen, dass die oralen Läsionen vor der gastro- intestinalen Beteiligung entstehen [Jose et al., 2009]. Die Läsionen können direkt mit dem zugrundeliegenden Krankheitsprozess in Verbindung stehen oder sekundär kausal aufgrund des Ernährungsmangels durch die gastrointestinale Malabsorption entstehen [O‘Neill und Scully, 2012]. Im vorliegenden Fall entstand die Verdachtsdiagnose vor allem aufgrund des bereits vordiagnostizierten Morbus Crohn. Sollte es zu einer unklaren enoralen Erst- manifestation ohne bisherigen Hinweis auf eine solche Erkrankung kommen, so sind die folgenden klinischen Merkmale hinweisend auf die Diagnose: gastrointestinale Symptome beziehungs- weise Anomalitäten in der entsprechenden Bildgebung und/oder in der Biopsie Abbildung 3: Deutliche Rückbildung der symptomatischen oralen Läsio- nen unter Therapie Abbildung 4: Ulkus im Bereich des Weichgaumens bei Morbus Crohn Auch beim Fehlen gastrointestinaler Symptome kann es zu Morbus-Crohn- assoziierten Läsionen der Mundschleim- haut kommen. Bei klinischem Verdacht auf Morbus Crohn und selbstverständlich zum Aus- schluss von Malignität ist eine Biopsie mit histopathologischer Beurteilung indiziert. Die orale Biopsie allein ist allerdings un- zureichend für eine definitive Diagnose- stellung. Eine interdisziplinäre Behand- lung mit der Entnahme weiterer gastro- intestinaler Biopsien ist bei diesen Patienten notwendig. Das Feststellen von gastrointestinalen Ulzerationen kann auch bei fehlendem Nachweis von Granulomen eine Diagnose- stellung ermöglichen. In den meisten Fällen bedürfen die oralen Manifestationen eines Morbus Crohn keiner weiteren Behandlung. Die Sanierung odontogener Infektions- herde ist bei den betroffenen Patienten wichtig, um die Gefahr einer lokalen Ausbreitung zu minimieren. Fazit für die Praxis Abbildung 5: Multiple linguale Aphthen bei Morbus Crohn 58 Zahnmedizin
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