Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 21

zm 107, Nr. 21, 1.11.2017, (2434) Dr. Wolfgang Eßer Vorstandsvorsitzender der KZBV Foto: KZBV-Baumann ´ Wir stehen als Berufsstand – anders als andere Gesundheitsberufe – mit unserer Innovationsfreudigkeit ganz vorne! Mit der Digitalisierung stehen wir an der Schwelle einer neuen Epoche, ähnlich wie zu Beginn der industriellen Revolution. Die Digitalisierung, das digitale Zeitalter, wird die Welt, unser Leben und damit auch unsere Berufsausübung grundlegend ver- ändern. Darum ist sie für die KZBV eines der wichtigsten strategischen Themen der kommenden Jahre. Dieser Veränderungsprozess hat in den Praxen bereits Einzug gehalten. Zahnärzte sind ohnehin sehr technikaffin, digitale Anwendungen sind in vielen Praxen schon verankert. Ich behaupte einmal: Da stehen wir als Berufsstand – anders als andere Gesundheitsberufe – mit unserer Innovationsfreudigkeit ganz vorne! Wir arbeiten mit digitalen Röntgenaufnahmen, Intraoralscannern, 3-D-Druck und CAD/CAM- Verfahren. Wir klären unsere Patienten mit Unterstützung digitaler Medien auf. Wir nutzen Wissensdatenbanken bei der Therapie- entscheidung. Und wir bilden uns online fort. Viele Prozesse und Praxisabläufe sind bereits digitalisiert – man denke etwa an das Qualitätsmanagement. Künftig werden ganze Versorgungsprozesse in den Praxen digital ablaufen. Und die Vernetzung mit anderen Akteuren im Gesundheitswesen und weiteren Disziplinen wird zunehmen. Fest steht, dass wir viele dieser Heraus- forderungen bereits meistern und Erwartungen, die an uns bezüglich der Ausübung an eine moderne und auf dem neuesten Stand der Wissenschaft basierende Zahnheilkunde gestellt werden, auch erfüllen. Wir engagieren uns für Innovationen – zum Benefit unserer Patienten und letztlich auch der Gesellschaft. Umso mehr enttäuscht es, wenn dem Berufs- stand in diesen Prozessen von politischer Seite Stolpersteine in den Weg gelegt wer- den. Denken wir nur an die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) und an die Aufwände und Kosten, die für die Zahnarztpraxen damit verbunden sind. Die Politik hat festgelegt, dass für den Kol- legen ohne eigenes Verschulden Sanktionen greifen, wenn er nicht bis zum 1. Juli 2018 alle Voraussetzungen erfüllt hat, um die Versichertenstammdaten seiner Patienten zu prüfen und zu aktualisieren. Dazu müssen die Praxen mit den notwendigen Kompo- nenten ausgestattet sein. Zwar sind immer noch nicht alle Teile zugelassen und zertifiziert. Wann das der Fall ist, das liegt natürlich nicht in der Hand des Zahnarztes. Dennoch läuft die Frist. Das führt naturgemäß zu Unsicherheiten. Hinzu kommen Fragen der Finanzierung, denn den Praxen entstehen erhebliche Kosten für die Implementierung und Anbindung an die Telematikinfrastruktur, die er erstattet bekommen soll. Auch hier sind noch längst nicht alle maßgeblichen Fragen für die Praxen gelöst – dennoch läuft besagte Frist. Dass solche Entwicklungen die Innovationsfreude der Kollegen aus- bremst, liegt klar auf der Hand. Die KZBV setzt sich vehement an allen relevanten Stellen dafür ein, dass diese Unklarheiten bald beseitigt sind. Trotz aller Schwierigkeiten, die der Berufs- stand mit der Weiterentwicklung der Telematikinfrastruktur bisher stemmen musste und noch muss – sie wird den Praxen auch Vorteile bringen: Der geplante elektronische Medikationsplan, die Arznei- mittelsicherheitsprüfung, die sichere elek- tronische Kommunikation der Leistungs- erbringer (KOM-LE) und die qualifizierte elektronische Signatur (QRS) werden die Informations- und Kommunikationsprozesse der Zahnärzte künftig erleichtern und unterstützen. Als nächster Schritt des Gesetzgebers wird ein zweites E-Health-Gesetz erwartet. Damit soll eines der zentralen Vorhaben der Digitalisierung im Gesundheitswesen – die elektronische Patientenakte – auf den Weg gebracht werden. Auch dieses Projekt wird für den Berufsstand Nutzen bringen – Vernetzung und die Stär- kung der sektorübergreifenden Versorgung stehen hier auf der Agenda. Nutzen wir also die mit der Digitalisierung einhergehenden Innovationen, verstehen wir sie als Chance, Bürokratielasten zu be- wältigen und Verwaltungsprozesse zu auto- matisieren, um wieder mehr Zeit für unsere Patienten und unsere Familien zu haben, besser, sicherer und intensiver untereinan- der und mit unseren Patienten zu kommu- nizieren und die Versorgung zu verbessern. Uns aktiv und gestaltend in diesen Prozess einzubringen, ist mein Credo. Digitalisierung – nutzen wir die Chancen! 8 Leitartikel

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