Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 21

zm 107, Nr. 21, 1.11.2017, (2517) sichtlich unabhängig von der Organisation und der Finanzierung der Gesundheitsver- sorgung: Bei den Ländern mit einer relativ hohen Ärztedichte finden sich sowohl steuer- finanzierte Länder (wie Schweden oder Nor- wegen) als auch beitragsfinanzierte Länder (wie die Schweiz, Deutschland oder Öster- reich). Ebenso finden sich am unteren Ende der Skala steuerfinanzierte Länder, wie das Vereinigte Königreich und Kanada, wie auch beitragsfinanzierte Länder, wie Japan und Korea. Auf dem Land fehlt meist die Infrastruktur Eine weitere Erkenntnis ist, dass bei der Ent- scheidung zur Niederlassung für die Ärzte eher Faktoren eine Rolle spielen, die auch mit der jeweiligen regionalen Infrastruktur zusammenhängen: Ärzte lassen sich demnach lieber in Regionen nieder, die mit guten Job-, Bildungs-, Kultur- und Betreuungs- angeboten für die Familie sowie einer guten Verkehrsinfrastruktur aufwarten können. Gerade für die jüngeren Ärztegenerationen sei außerdem die Work-Life-Balance zuneh- mend wichtiger, ebenso wird laut Studie mehr Wert auf den Austausch mit Kollegen und teambasiertes Arbeiten gelegt. Die von Ärzten empfundenen Nachteile einer Beschäftigung in Regionen, die etwa von Bevölkerungsschwund und unattraktiver Infrastruktur betroffen sind, sind dement- sprechend nur schwer durch finanzielle An- reize aufzuheben, so die Schlussfolgerung. Studienautorin Arentz listet verschiedene Maßnahmen auf, wie man die ungleiche Verteilung von Ärzten beheben oder zu- mindest abmildern kann – vom Anwerben ausländischer Ärzte bis hin zur stärkeren Verankerung der ärztlichen Ausbildung in unterversorgten Regionen oder der Imple- mentierung innovativer E-Health-Versorgungs- konzepte (siehe Kasten). „Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass verschiedene Maßnahmen in Betracht kommen, um unterversorgte Gebiete an der medizinischen Versorgung teilhaben zu lassen“, schreibt Arentz. „Es gibt keine all- gemeingültige Lösung, vielmehr müssen die jeweiligen regionalen Besonderheiten beachtet werden, bevor Maßnahmen im- plementiert werden.“ Zudem müsse festge- stellt werden, dass viele der genannten Maßnahmen in unterschiedlicher Intensität, aber bereits seit einiger Zeit in verschiedenen Ländern erprobt wurden, ohne dass diese die ungleiche Verteilung von Ärzten behoben hätten. nb Zulassung, Stipendien und Praktika: Zukünftige Ärzte werden meist gezielt für die Versorgung auf dem Land angeworben. Wer sich in Japan oder Australien verpflichtet, nach dem Studium eine Zeit lang in unter- versorgten Gebieten zu arbeiten, wird schnel- ler zum Studium zugelassen. In den USA werden solchen Ärzten die Studiengebühren erlassen oder zurückgezahlt. Auch in Deutschland planen die Bundesländer Bayern und Niedersachsen sogenannte Landarzt- quoten, nach denen Studienplätze an Bewerber vergeben werden, die später in unterversorgten Gebieten arbeiten. Ansiedlung von Universitäten in unter- versorgten Gebieten: Ganze medizinische Fakultäten werden mittlerweile in unter- versorgten Gebieten angesiedelt, weil sich herausgestellt hat, dass Ärzte sich oft in der Nähe ihrer Ausbildungsstätte niederlassen. Norwegen hat zum Beispiel eine Universität in einer unterversorgten Region eröffnet, die zudem Studenten aus der Region bevorzugt aufgenommen hat. Anwerben ausländischer Ärzte: Eine weitere Möglichkeit besteht darin, attraktive Bedingungen für Ärzte aus anderen Ländern zu schaffen. So wird ausländischen Studenten in den USA erlaubt, nach Beendigung ihrer Ausbildung im Land zu bleiben, wenn sie dafür in unterversorgte Gebieten gehen. Normalerweise müssen ausländische Studen- ten nach Abschluss ihres Studiums für min- destens zwei Jahre zurück in ihr Heimatland, bevor sie wieder in den USA arbeiten dürfen. Finanzielle Anreize: Auch bei bereits praktizierenden Ärzten gibt es Maßnahmen, die die Attraktivität einer Tätigkeit in unter- versorgten Gebieten erhöhen sollen. Dazu gehören finanzielle Anreize für eine Nieder- lassung – etwa Bezuschussungen für die Eröffnung oder Übernahme einer Praxis in unterversorgten Gebieten, auch Einkommens- garantien oder Bonuszahlungen für Ärzte, die auch nach Erreichen des Rentenalters noch weiter in unterversorgten Gebieten arbeiten. Regulierung der Privateinnahmen: Im Hinblick auf die regionale Verteilung von Ärzten wird auch die Rolle der Privat- einnahmen diskutiert. Als Vorteil wird unter anderem angeführt, dass die staatlichen Gesundheitssysteme qualifiziertes Personal halten und informelle Zahlungen reduzieren können, wenn die Mediziner zusätzlich auf Privatbasis arbeiten dürfen. Finden die Privatbehandlungen in staatlichen Kranken- häusern statt, könne zudem eine weitere Ein- kommensquelle erschlossen werden, die das staatliche System stützt. Als Nachteil wird genannt, dass Ärzte einen Anreiz haben könnten, im staatlichen System die Qualität zu senken, um zusätzliche Nachfrage im pri- vaten Teil zu generieren. Zudem könnten sie darauf aus seien, die Arbeitszeit im staatlichen Sektor zu reduzieren sowie die öffentliche Infrastruktur widerrechtlich für die Behand- lung von Privatpatienten zu nutzen. Prozessorientierte Maßnahmen: Unter- versorgte Gebiete können auch stärker über telemedizinische Behandlungen versorgt wer- den. Dies wird bereits in Kanada, Australien und Skandinavien praktiziert. In Zukunft könnten auch sogenannte Wearables, trag- bare kleine Computer, die gesundheits- relevante Daten aufzeichnen und diese gegebenenfalls an (Fach-)Ärzte schicken, immer wichtiger werden. Sie könnten eine kontinuierliche gesundheitliche Überwachung von Patienten ermöglichen, die räumlich wei- ter entfernt sind. Allerdings setzt dies voraus, dass auch eine entsprechende Infrastruktur bereitgestellt wird, um über ausreichend schnelles Internet solche Behandlungs- möglichkeiten bereitstellen zu können. Ideen für eine regional gleichmäßigere Versorgung 91

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