Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 21

zm 107, Nr. 21, 1.11.2017, (2519) ohne die willige und freudige Zustimmung großer Teile der Zahnärzteschaft, die gemeinsam mit den Ärzten einen hohen An- teil von NSDAP-Mitgliedern auf- wies, nicht möglich gewesen. Als besonders verdienstvoll sind jene Ausführungen anzumerken, die einer kleinen, vergessenen, aber umso wichtigeren Gruppe deutscher Zahnärzte und Den- tisten wie Ewald Fabian, Helmut Himpel, Paul Rentsch, Walter Mosbach und Heinrich Klipphardt gewidmet sind. Sie opferten im Widerstand gegen Diktatur und Menschenverach- tung berufliche Existenz und Leben. Ihnen sollte in der stan- despolitischen Erinnerungskultur die bisher vernachlässigte Beach- tung eingeräumt werden. Weitere detaillierte Ausführungen sind dem finsteren Kapitel des von ermordeten jüdischen Häftlingen geraubten Zahngoldes in den SS- Vernichtungslagern und dessen wirtschaftlichen Verwertungs- prozessen, den teilweise kuriosen Irrwegen einer „Neuen Deutschen Zahnheilkunde“ und der Liquidie- rung der in den Zwanzigerjahren erreichten sozialmedizinischen Fortschritte auf dem Gebiet der Jugendzahnpflege gewidmet. Ausführlich wird der in den 1930ern unentschiedene Streit um die Überwindung des berufs- ständischen Dualismus zwischen akademisch ausgebildeten Zahn- ärzten und handwerklich orien- tierten Dentisten dargestellt. Die vorliegende Darstellung ver- mittelt dem historisch interes- sierten Leser hoch verdichtete Informationen zu einer in der Öffentlichkeit bisher kaum be- achteten Thematik. Die Autoren haben sich über viele Jahre in zahlreichen Publikationen – oft unbequem, keineswegs sine ira et studio – diesen scheinbar „weißen Flecken“ in der braunen Geschichte zahnmedizinischer Verwicklungen im Dritten Reich gewidmet. Die vorliegende Publikation darf wohl als eine Streitschrift ange- sehen werden, die ihre Partei- nahme für eine sozial orientierte Zahnmedizin ebenso wenig ver- leugnet wie die berechtigte Kritik an der defizitären Aufklärungs- arbeit in der Nachkriegszeit. Nicht alle Schlussfolgerungen werden von einem differenzierten Leser- publikum widerspruchslos ange- nommen werden. Gleichwohl handelt es sich um einen wert- vollen, anregenden Beitrag im Rahmen der notwendigen, ver- tiefenden und korrektiven Auf- arbeitung des Themas „Zahn- heilkunde und Zahnärzteschaft im Nationalsozialismus“. Dr. Dr. Volker Thieme, Bremen In der zm 20/2017 er- schien jüngst zum Thema der Artikel „Im Dienste des Volkskörpers“. Zahnärzte im Nationalsozialismus M EHR AUF ZM - ONLINE 93

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