Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 22

zm 107, Nr. 22, 16.11.2017, (2664) Heider wurde am 21. Juni 1816 in Wien ge- boren [ADB, 1880; Parreidt, 1909; ÖBL, 1958b; Maretzky/Venter, 1974; Groß/ Schäfer, 2009] Er trat in der Schule durch ein besonderes Interesse an den Naturwis- senschaften hervor. Dennoch nahm er nach der Reifeprüfung – ebenfalls in Wien – das Medizinstudium auf. Hierzu findet sich nur der lapidare Kommentar, „aeußere Verhält- nisse“ hätten ihn zu dieser Studienwahl veranlasst [ADB, 1880]. Parallel besuchte Heider allerdings auch Lehrveranstaltungen in Mathematik und Astronomie und wid- mete sich insgesamt rund zwei Jahre lang mathematisch-astronomischen Fragen. Be- fördert wurden diese „außerfachlichen“ Aktivitäten durch ein Stipendium an der Wiener Sternwarte [ADB, 1880]. 1841 promovierte Heider in Wien zum Doktor med. et chir., anschließend nahm er eine Assistentenstelle bei Johann Wisgrill an, der insbesondere das Fach Physik für Studierende der Chirurgie lehrte. Heider bereitete für Wisgrill die physikalischen Ver- suche vor und hielt zudem eigene Vorträge, die „großen Anklang fanden“ [ADB, 1880]. Dennoch hielt er Ausschau nach einer Assis- tentenstelle im klinischen Bereich. In dieser Zeit wurde Prof. Georg Carabelli, der in Wien die noch wenig etablierte Zahnheil- kunde lehrte, auf Heider aufmerksam. Er bot ihm eine Assistentenstelle an, die Heider der Überlieferung nach zunächst mit den Worten „Ein honetter Mensch, der was gelernt hat, kann kein Zahnarzt werden“ [Parreidt, 1909] ausschlug. Letztlich nahm Heider jedoch das Angebot an. Allerdings starb Carabelli bereits ein halbes Jahr später (1842). Heider erbte dessen wertvolle Sammlung von Zahnanomalien, Instrumen- ten und (Lehr-)Präparaten und übernahm in Wien dessen fachliche Aufgaben. 1843 konnte Heider zudem die Habilitation abschließen. Fortan war es sein Ziel, die Zahnheilkunde an die akademische Medizin heranzuführen. In Jahr 1858 [ADB, 1880] oder 1859 [Parreidt, 1909] wurde Heider an seiner Heimatuniversität außerordentlicher Professor. Allerdings blieben seine Versuche, in Wien ein zahnärztliches Institut für den praktischen Unterricht zu gründen, erfolg- los. Es blieb daher bei Fachvorlesungen, die Heider mit großem Engagement abhielt. Heider gehörte zu den wenigen zeitgenös- sischen Medizinern, die sich der Zahnheil- kunde verschrieben – in einer Zeit, in der für die Ausbildung zum Zahnarzt in vielen Staaten des Deutschen Bundes die Tertia- reife (d. h. die vierte Oberschulklasse) aus- reichte. Die besondere Qualifikation Heiders dürfte dafür ausschlaggebend gewesen sein, dass er 1859 in Berlin zum Gründungs- vorsitzenden des „Central-Vereins deutscher Zahnärzte“ (CVdZ) gewählt wurde. Heiders Wahl war insofern eine Überraschung, als er der einzige Österreicher unter den 26 mehrheitlich aus Nord- und Ostdeutschland angereisten Anwesenden war. Sie zeigt aber auch das große Ansehen, das Heider in dieser Zeit im Deutschen Bund genoss [Parreidt, 1909; Groß, 1994; Groß/Schäfer, 2009]. Heider stürzte sich in die neue Aufgabe. Allerdings wurde seine Arbeit schon nach wenigen Jahren von einer Krankheit über- schattet: 1864 musste Heider aufgrund einer Tuberkulose-Erkrankung seine Praxis aufgeben, blieb jedoch weiterhin standes- politisch und wissenschaftlich tätig [ADB, 1880; Maretzky/Venter, 1974]. Heider starb am 29. Juli 1866 im Alter von 50 Jahren in Wien; sein Tod fiel somit mitten in die Zeit des Preußisch-Österreichischen Krieges, der letztlich zur Gründung des Deutschen Reiches (ohne Österreich) führte. Er fand seine Ruhestätte in Wien auf dem Hietzinger Friedhof in einem Ehrengrab. Moriz Heider war der Vater des bedeuten- den Zoologen und Mediziners Karl Heider, der 1856 in Wien zur Welt kam und 1935 in der Steiermark verstarb. Karl Heider hatte nach Studien in Graz und Wien 1879 den Dr. phil und 1883 den Dr. med. erworben Wegbereiter der Zahnheilkunde – Teil 8 Moriz Heider – österreichischer Allrounder Nicht jeder Lebensweg zur Zahnmedizin war gerade und direkt – Moriz Heider stand angeblich gar die eigene Ehre im Weg. Doch dies hinderte ihn später nicht daran, voller „Aufopferung und Patriotismus“ die „ Deutsche Vierteljahrsschrift für Zahnheilkunde“ zu gründen, die Galvanokaustik zu erfinden und einen „Atlas zur Pathologie der Zähne“ zu schreiben. Quelle: picture-alliance_akg-images Der QR-Code führt zu den anderen Teilen der Serie „Wegbereiter der Zahnheilkunde“. 102 Gesellschaft

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