Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 22

zm 107, Nr. 22, 16.11.2017, (2574) Zahnarzt-Wahl-O-Mat – Haben wir unser Bewusstsein für Geschichte verloren? Zum Beitrag: „Bundestagswahl 2017: Der Zahnarzt-Wahl-O-Mat“, zm 17/2017, S. 34–46 und Leserforum zm 19/2017, S. 20 Mit Entsetzen sehe ich, wie das Bewusstsein für Geschichte und politische Entwicklungen immer mehr verloren geht. Wir leben in einem der freiesten und reichsten Länder der Welt. Das bedeutet, dass jeder, der genügend Leute hinter sich sammelt eine Partei gründen kann, ohne dass er wie z. B. in Russland immer wieder hinter Gittern verschwindet, weil die Staatsführung in ihm eine missliebige Opposition sieht. Wenn aber von einer Partei- führung wie der AfD öffentlich geäußert wird, dass man Politiker mit Migrations- hintergrund in ihremHeimatland „entsorgen“ möchte, man eine Gleichschaltung der kritischen Presse anstrebt (Gau- land), zahlreiche AfDler aus der rechtsextremistischen Szene kommen, obwohl laut Partei- statut rechtsextreme Gruppie- rungen auf der Unvereinbarkeits- liste stehen, der AfD-Abgeordnete Wolfgang Gedeon 2012 ein antisemitisches Buch veröffentlicht hat, in dem unter anderem Holocaust- Leugner wie Horst Mahler, Ernst Zündel und David Irving verteidigt werden (Beispiel: „Wie der Islam der äußere Feind, so waren die talmudischen Ghetto- Juden der innere Feind des christlichen Abendlandes.“), dann sollten auch beim letzten „aufgeklärten und liberalen Bür- ger“ die Alarmglocken schrillen. Das haben wir vor 80 Jahren alles schon einmal gehabt! Unsere freiheitliche Verfassung macht es möglich, dass irgend- welche Rattenfänger mit uralten menschenverachtenden, aber leider immer wieder wirksamen Parolen Anhänger finden. Es tut allerdings wirklich nicht Not, deren Gedankengut auch noch in unseren Fachzeitschriften aus- zubreiten. Und wenn die Zustimmung in unseren Berufskreisen für die AfD wirklich höher sein sollte, als im Bevölkerungsdurchschnitt, dann kann ich nur sagen: „Denk ich an Deutschland in der Nacht bin ich um den Schlaf gebracht!“ Eines ist aber sicher, liebe infor- mierte und aufgeklärte Bürger: Diesmal werden Sie hinterher nicht sagen können, dass Sie das alles nicht gewusst oder geahnt haben können! Joachim Krauß, MSc., Eicklingen Fallbericht – Wie denken die Kollegen darüber? Sehr geehrte Damen und Herren, dieser Artikel lässt den kritischen Leser und Betrachter nachdenk- lich werden. Die Autoren geben zwar an, dass ein guter Allge- meinzustand und keine relevan- ten Nebendiagnosen vorhanden gewesen seien. Aber kann das tatsächlich sein? Die Patientin – immerhin 75 Jahre alt – sieht etwas adipös aus? Fragestellung: Diabetes? Allergie (obwohl verneint, aber auf Seite 83 geben die Autoren an, dass bei einem Gesichtsödem Histamin freigesetzt wird!)? Rheumatoide Erkrankungen? Sonstige allge- meinmedizinische Erkrankungen? Ein starker Zahnverlust (hier im Oberkiefer) hat sicher auch seine „Ursache“. Dann: Nach zahnmedizinischer Behandlung (Alveolorkammaugmentation mit bovinem Knochenersatz- material trat, so im Text beschrie- ben, die Symptomatik erstmals auf. Wurden für die Suprakon- struktion edelmetallreduzierte Legierungen verwendet? Ein Kausalzusammenhang kann natürlich nicht bewiesen wer- den, aber die zeitliche Folge sollte zu denken geben. Weitere Probleme: Bei diesen Eingriffen wurde mit Sicherheit intensiv mit Antibiotika gearbeitet. Dass die Antibiotika die Darmflora zerstören, die wiederum ein wichtiger Teil des menschlichen Immunsystems ist, sollte sich doch bis in die entlegensten Winkel der Zahnmedizin herum- gesprochen haben, da sogar viele medizinische Laien darüber gut Bescheid wissen. Hinzu kommt, dass in letzter Zeit mehr Patienten Titan nicht so gut ver- tragen, besonders wenn bereits ein(e) künstliche(s) Hüfte oder Knie in der Anamnese vorhanden sind. Die nächste Frage: Mussten es unbedingt so viele Implantate sein? Die beiden endständigen Implantate imOberkiefer scheinen kaum noch im Knochen zu sitzen. Dass die Patientin eine Entfernung der Implantate etc. einforderte, ist bei dem Zustand der Patientin nachvollziehbar. Fazit meiner Zuschrift: Nicht immer sollte alles theoretisch Machbare auch gemacht und umgesetzt werden. Mich würde interessieren, wie andere Kollegen darüber denken. Dr. Dietrich Volkmer, Bad Soden Foto: Pabst Zum Beitrag: „Fall aus der Chirurgie: Angiosarkom-induziertes Gesichtsödem“, zm 20/2017, S. 80–83 12 Leserforum

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