Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 22

zm 107, Nr. 22, 16.11.2017, (2610) Die Exponate im Medizinhistorischen Mu- seum der Charité sind einzigartig – neben medizinischen Instrumenten, wertvollen Büchern und Modellen beinhaltet die Sammlung Hunderte seltene pathologisch- anatomische Präparate des berühmten Berliner Pathologen Rudolf Virchow. Gut- und bösartige Tumore, krankhaft veränderte Nieren und heute kaum noch anzutreffende Organveränderungen bis hin zu miss- gebildeten Föten beeindrucken in großen Glasgefäßen. Anonymisiert demonstrieren sie die krankhaften Veränderungen des menschlichen Körpers – aus der Perspektive der Medizin. Demgegenüber steht nun das emotionale, persönliche Erleben von Patienten, Angehö- rigen und Medizinern: Comics, vergrößert und auf Leinwand gedruckt, wurden in die Dauerausstellung im medizinischen Präpa- ratesaal des Museums integriert. Dialog zwischen Kunst und Wissenschaft Diese Comics, die dem jungen Genre der „Graphic Medicine“ zugerechnet werden, erzählen dabei individuelle Geschichten entlang der Stationen Diagnose, Leiden, Genesung, Pflege und Therapie. Auf dras- tische, kritische und gelegentlich humor- volle Weise verbinden sie die medizinisch- klinische Sicht mit dem persönlichen Blick- winkel derjenigen, die durch das eigene Erleben in Sachen Krankheit, Behinderung und Pflege zu Experten geworden sind. Zum Beispiel Ana Monteiros, Maria Ricardos und Bruno Martins mit „Calvariae Locus“: Der portugiesische Comic thematisiert den eigenen Umgang mit Depressionen. Der Titel „Calvariae Locus“ (lateinisch für Schädeldecke) bezieht sich dabei einerseits auf den Schädel als den Ort des Geistes und psychischer Krankheiten, andererseits auf den Ort der Kreuzigung Jesu, den Kavaliersberg. „So wird die Depression durch ein Kreuz versinnbildlicht, das die Betroffenen zu tragen haben, bis ihr Graphic Medicine Kranksein im Comic In einem interdisziplinären Forschungsprojekt untersuchen Wissenschaftler der Freien Universität Berlin die Darstellung von Krankheit und Tod in Literatur und Comics. Ziel ist, die Grenzen zwischen Medizin, Kunst und Geisteswissenschaften aufzubrechen. Die Ausstellung „SICK! Kranksein im Comic“ im Medizinhis- torischen Museum der Charité soll dabei helfen. „Calvariae Locus“: Bei dieser Darstellung einer Depression ist das Haar der Protagonistin ein wiederkehrendes Symbol. Verschiedene Variationen stehen für unterschiedliche Gemütslagen. Schließlich werden die Haare zu gefäßartigen Baumwurzeln, die die Figur umschlingen und in ihrer negativen Stimmung gefangen halten. Illustration: Monteiro 48 Gesellschaft

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