Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 22

zm 107, Nr. 22, 16.11.2017, (2619) ponenten ausgestattet sein. Noch sind zwar nicht alle Teile zugelassen beziehungsweise zertifiziert, dennoch läuft die Frist. Für den Zahnarzt führt das zu Unsicherheiten. Hinzu kommen Finanzierungsfragen, denn für die Praxen entstehen dadurch Aufwand und Kosten, die der Zahnarzt erstattet be- kommen muss. Näheres regelt die Grund- satzfinanzierungsvereinbarung zwischen der KZBV und dem GKV-Spitzenverband. Auch hier müssen noch etliche Detailfragen geklärt werden. Das E-Health-Gesetz sieht weitere Anwen- dungen vor, die schrittweise eingeführt wer- den sollen. Dazu gehört ein Notfalldaten- management: Versicherte können behand- lungsrelevante Daten wie Allergien oder einen insulinpflichtigen Diabetes mellitus auf der eGK speichern lassen, auf die der Arzt zugreifen kann. Weiter soll der Medika- tionsplan, auf den Versicherte seit Oktober 2016 in Papierform Anspruch haben, ab 2018 auch elektronisch auf der eGK gespeichert werden können. Für den Zahnarzt folgen weitere Anwen- dungen: Zum einen ist dies die Nutzung der qualifizierten, elektronischen Signatur (QES). Sie wird der handschriftlichen Unter- schrift der Papierwelt rechtlich gleichgestellt und dient dazu, rechtssicher elektronische Dokumente medizinischen Inhalts wie zum Beispiel Befundberichte oder einen Notfall- datensatz unterschreiben zu können. Zum anderen ist dies die „Sichere Kommu- nikation Leistungserbringer (KOM-LE)“: Sie ist eine Form einer sicheren E-Mail, bei der Leistungserbringer sicher – mit Verschlüsse- lung der Daten vom Absender zum Empfän- ger – medizinische Daten wie elektronische Arztbriefe austauschen können. ePatientenakte Viele offene Fragen gibt es auch in Bezug auf die elektronische Patientenakte (ePA), einem weiteren wichtigen Element im Rahmen der Umsetzung der Telematikinfra- struktur. In der neuen Legislaturperiode soll die ePA, die bereits gesetzlich vorge- schrieben ist (und die bis Ende 2018 einge- führt werden soll), weiterentwickelt werden. Gestützt werden soll dadurch die sektor- übergreifende Versorgung, der sichere Austausch von Gesundheitsdaten und die Stärkung der Patientensouveränität. Wich- tig: Der Patient soll die Hoheit über seine Daten erhalten, er gibt dem Arzt die Daten frei, kann diese auch einstellen und dazu auf eigene Erhebungen (wie etwa aus Apps oder Wearables) zurückgreifen. Einige Merkmale: Der Zugriff auf die ePA erfolgt im soge- nannten Zwei-Schlüssel-Prinzip über den elektronischen Heilberufeausweis (Ärzte) und über die eGK (Patienten). Die Akte soll fall- und einrichtungs- übergreifende Dokumentationen über den Patienten enthalten. Das betrifft Befunde, Diagnosen und Therapien oder Impfungen. Das betrifft aber auch Anwendungen der eGK wie den elektronischen Arztbrief, den eMedikationsplan oder Notfalldaten. Dr. Karl-Georg Pochhammer, stellvertre- tender Vorsitzender der KZBV: „Eines der Hauptthemen in der vertragszahnärzt- lichen Versorgung der nächsten Jahre ist der Ausbau der Telematikinfrastruktur. Die KZBV begleitet diesen Prozess konstruk- tiv. Für die Zahnarztpraxis müssen prak- tikable Lösun- gen gefunden werden: für den elektronischen Medikationsplan, die Arzneimittelsicherheitsprüfung, die sichere elektronische Kommunikation der Leistungs- erbringer (KOM-LE) und die qualifizierte elektronische Signatur (QES). Natürlich haben sich die gematik, und auch die Po- litik und die Industrie bei der technischen Umsetzung des Projekts nicht mit Ruhm überhäuft. Es kann nicht sein, dass der Berufsstand mit Sanktionen für Umstände bestraft wird, die er nicht zu verantworten hat. Bei der Refinanzierung der Kosten, die den Praxen durch die Anbindung an die Telematikinfrastruktur entstehen geht es darum, dass diese auch in voller Höhe erstattet werden. Eine weitere Heraus- forderung ist es, einheitliche IT-Standards im Gesundheitswesen voranzutreiben. Deshalb fordern wir, im Rahmen der Um- setzung der elektronischen Patientenakte die dringend notwendige Interoperabilität zwischen unterschiedlichen IT-Systemen zu verbessern.“ Prof. Dr. Christoph Benz, Vizepräsident der BZÄK: „Das Thema Digitalisierung in der Zahnmedizin beschränkt sich für viele auf digitale Bilder, elektronische Ab- formungen und maschinell hergestellte Restauratio- nen. Das ver- unsichert nie- manden, weil hier letztlich nur neuer Wein in alte Schläuche fließt. Problematischer sind drei andere Aspekte: Digitalisierung braucht Netzwerke. Wie steht es mit der Sicherheit, dem Datenschutz, der Kontroll- bürokratie und den Kosten (Datenschutz- beauftragter in der Praxis, zertifizierte IT-Techniker)? Ein anderer Aspekt ist „Big Data“ und „Data Mining“, also das Sammeln und Zusammenführen großer Mengen persönlicher Daten unserer Patienten. Entsteht damit wirklich mehr Gesundheit oder doch nur Kontrolle und Gängelung? Und schließlich begegnet uns in der Politik nicht selten die Über- zeugung, dass die künstliche Intelligenz Diagnosestellung und Therapieentschei- dung besser beherrscht als die natürliche Intelligenz. Werden unsere Patienten bald hören: „Der Computer schlägt diese Therapie vor, warumweiß ich auch nicht?“ Die Bundeszahnärztekammer beobachtet all diese kritischen Aspekte der Digitalisie- rung und vertritt mit Nachdruck unsere freiberufliche, zahnärztliche Sicht.“ Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Herausforderungen bei der Digitalisierung in der Zahnarztpraxis? Foto: KZBV-Baumann Foto: Axentis.de 57

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