Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 22
zm 107, Nr. 22, 16.11.2017, (2570) Alternativ-/Komplementär-/Schulmedizin – Naturwissenschaftliche Medizin ist der bessere Begriff Zur Diskussion um die Beiträge „Münsteraner Memorandum: Heilpraktiker – befähigen oder abschaffen?“ und „Dr. Hans Werner-Bertelsen: Entweder Heiler oder Zahnarzt“, zm 17/2017, S. 26–27 Folgendes Zitat ist gut begrün- det: „Die Patienten strömen in Scharen zur Schulmedizin, weil die Komplementärmedizin ver- sagt und die Patienten in der Schulmedizin das finden, was Ihnen die Komplementärmedizin nicht bietet.“ (Quelle: Kocher, Gerhard: Vorsicht, Medizin!, Ott Verlag, 3. Auflage 2006, ISBN 3–7225–0048–6, p. 181) Neben- bei – und gut zu wissen: „Schul- medizin“ wurde ursprünglich als abwertender Kampfbegriff in der zweiten Hälfte des 19. Jahr- hunderts von Vertretern der Ho- möopathie und Naturheilkunde geprägt und verbreitet ... und später von den Nazis als „ver- judete Schulmedizin“ benutzt, um ihrer Forderung nach einer „gesunden Volksmedizin“ bzw. der „Neuen deutschen Heilkunde“ Nachdruck zu verleihen.“ (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/ Schulmedizin) Ich benutze daher lieber den Begriff „naturwissen- schaftliche Medizin“ – und ich stehe der Psychosomatik offen, der „Alternativmedizin“ aber durchaus ablehnend gegenüber. Warum? Naturwissenschaft – und damit auch die naturwissen- schaftliche Medizin – ist gerade dadurch gekennzeichnet, dass sie sich selbst kontinuierlich in Frage stellt und offen weiter- entwickelt. Was belegbar funk- tioniert, wird integriert. Dies er- scheint mir wesentlich ehrlicher als die Postulate einer wenig bis gar nicht fundamentierten „Alternativ-“(und damit: Pseudo-) medizin. Dr. Wolfgang Carl, St. Ingbert Münsteraner Memorandum – Der Vorwurf Scharlatanerie geht gar nicht! Zum Leserbrief von Univ.-Prof. Prof. DDr. Ulrich Berger „Münsteraner Memorandum – Wissenschaft und Säftelehre: das geht nicht zugleich!“ aus zm 20/2017, S. 12 Nun mischt sich in die nicht eben sachliche und oftmals geradezu niveaulose Diskussion um die Kollegen Zahnärzte mit dem zusätzlich erworbenen und von Ärzten abgenommenen Heil- praktikerdiplom auch noch ein sich scheinbar für kompetent haltender Volkswirtschaftler ein. Er meint wohl, seine Kompetenz aus seiner Funktion im „Wissen- schaftsrat“ der Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP) herleiten zu können. In diesem Zusammenhang muss angemerkt werden, dass die Expertise dieser Gesellschaft glaubwürdiger wäre, unterschiede sie zunächst einmal zwischen den einzelnen Wissen- schaftsbereichen Strukturwissen- schaften, Naturwissenschaften, Humanwissenschaften und Geis- teswissenschaften. Diese Gesell- schaft fühlt sich aber scheinbar pauschal für alle Wissenschafts- bereiche zuständig, und das scheint auch für die einzelnen Mit- glieder ihres Wissenschaftsrates, zumindest aber für ihren „Wis- senschaftsrat“ Prof. DDr. Ulrich Berger zu gelten; ansonsten würde er sich ja wohl bei einem (zahn-) medizinischen Thema nicht zu Wort melden. Im „Wissenschafts- rat“ dieser GWUP sitzen ein Zauberkünstler (kein Witz), ein Philosoph, eine Erzieherin, ein Volkswirtschaftler, ein Astronom, ein Physiker, ein Biologe, fünf Mediziner und, wie oft in solchen Gremien, fünf Psychologen. Dieses „Expertenteam“ untersucht nun ganz wissenschaftlich sogenannte Parawissenschaften. Vielleicht wird dort nach heilender Zauberei ge- sucht. Im Übrigen: Was ist wis- senschaftlich wirklich unwider- ruflich gesichert in der Zauber- kunst, in der Philosophie, in der Erziehungswissenschaft, in der Volkswirtschaft und in der Psy- chologie? Ist es nicht geradezu als vermessen zu bezeichnen, wenn jeder dieser „Wissen- schaftsräte“ sich für kompetent hält, Parawissenschaften wissen- schaftlich untersuchen zu kön- nen? In dieser Problemlage geht es doch um richtig oder falsch. Dann möge doch der Volkswirt- schaftler Berger uns als Laien sagen, wer von den beiden gegensätzlichen Wirtschafts- wissenschaftlern John Maynard Keynes und Milton Friedman der Parawissenschaftler sei. Einer kann bei einer solchen Gegen- sätzlichkeit ja nur Recht haben. Das akademische Selbstverständ- nis scheint darin zu bestehen, sich zu Problemfeldern kompetent äußern zu wollen, von denen er nichts versteht. Dann wirft er für Kollegen, denen allein die Zahn- heilkunde nicht genügt, auch noch mit dem beleidigenden Begriff „Scharlatanerie“ um sich. Auch eine Habilitation scheint keine Gewähr für qualifizierte Äußerungen zu bieten. Was würde der Volkswirtschaftler Berger wohl sagen, wenn der „Wissenschafts- rat“ der GWUP, der Zauberkünstler Thomas Fraps, sich vermeintlich wissenschaftlich zu von ihm ent- wickelten volkswirtschaftlichen Thesen äußerte? Foto: zm-mg Alle Artikel zum Thema 8 Leserforum
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