Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 22

zm 107, Nr. 22, 16.11.2017, (2644) weise kostenintensive EACA-Sirup eignet sich durch seine leichte Handhabung vor allem zur Mundspülung [Patatanian et al., 2006]. Tranexamsäure führt bei systemischer Appli- kation zu keiner nachweisbaren Konzentra- tion im Speichel, hingegen ist die einmalige Spülung über zwei Minuten noch nach acht Stunden im Speichel nachweisbar; somit ist die orale Applikation zur Prävention und Be- handlung von Blutungen im Mundbereich zu bevorzugen [Carter et al., 2003b]. An der Universitätsmedizin Rostock konnte genau diese Wirksamkeit von TXA als Mund- spüllösung in einer derzeit laufenden Studie bei Patienten unter oraler Antikoagulation/ Thrombozytenaggregationshemmung nachgewiesen werden. Leider ist ein Fertig- arzneimittel für diese Indikation nicht zu- gelassen und TXA als Rezeptursubstanz so nicht erhältlich. Daher ist das erfolgreiche Procedere das folgende: Der Patient erhält im Vorfeld der Operation ein Rezept über 200 ml fünf- prozentige Tranexamsäure (Abbildung 1) und bringt diese zum OP-Tag mit. Wichtig ist hier, dass das Präparat erst vor dem Ein- griff abgeholt wird, da die Haltbarkeit der Mundspüllösung nur kurz ist. Nach dem chirurgischen Eingriff spült der Zahnarzt den Situs mit TXA aus. Der Patienten wird postoperativ instruiert, zu Hause weitere Spülungen vorzunehmen. Dabei wird ihm verordnet, für mindestens zwei Tage viermal täglich diese Spülungen zu wiederholen. Die vorliegenden positiven Ergebnisse der Studie unterstreichen die aktuelle Literatur. Hier wurde bestätigt, dass bei antikoagu- lierten Patienten (Abbildung 2) die Nach- blutungsrate signifikant gesenkt werden kann, wenn postoperativ mit Tranexam- säure gespült beziehungsweise die Extrak- tionsalveole ausgespült wird [Gaspar et al., 1997; Bublitz et al., 2000]. Diese Indikation der ambulanten operativen Behandlung unter oraler Antikoagulation/ Thrombozytenaggregationshemmung be- steht jedoch nur bei Patienten, deren Allgemeinzustand und Compliance dies zulässt. Eine Möglichkeit zur Nachsorge auch außer- halb der regulären Sprechstunde soll für die betroffenen Patienten geboten werden. Bei multimorbiden Patienten unter oraler Anti- koagulation/Thrombozytenaggregations- hemmung wird eine Behandlung durch den Fach(zahn)arzt beziehungsweise in der Fach- klinik oder gegebenenfalls unter stationären Kautelen empfohlen. Bekannterweise stellt für den Zahnarzt die Applikationsform von TXA ein praxisorien- tiertes Anwendungsproblem dar. An dieser Stelle wird auf den publizierten Off-Label- Einsatz von Carter et al. [Carter et al., 2003a; Carter et al., 2003b] verwiesen: Sonderanfertigung einer Mundspülung durch einen Apotheker (fünfprozentige Tra- nexamsäure; Abbildung 1). Unmittelbar nach der Extraktion erfolgt die Spülung mit 10 ml dieser Lösung. Platzierung eines getränkten absorbier- baren Cellulose-Mesh in das apikale Drittel des Zahnfaches mit anschließender Naht. Zur eigenhändigen Mundspülung erhält der Patient TXA in mehreren Behältern von je 10 ml. Überblick gängiger oraler Antikoagulantien/Thrombozytenaggregationshemmer Handelsname Falithrom®, Marcumar ® Coumadin ® Pradaxa ® Argatra ® Eliquis ® Xarelto ® Lixiana ® Aspirin ®, ASS ®, Godamend ® Plavix ®, Iscover ® Efient ® Tiklyd ® Quelle: Schneider/Kämmerer Tabelle 1 Wirkstoff Phenprocoumon Warfarin Dabigatranetexilat Argatroban Apixaban Rivaroxaban Edoxaban Acetylsalicylsäure (ASS) Clopidogrel Prasugrel Ticlopidin Wirkmechanismus Vitamin-K-Antagonisten Direkte Thrombininhibitoren Direkte Faktor-Xa-Inhibitoren COX-Inhibitor ADP-Rezeptorinhibitor Wirkstoffklasse Orale Antikoagulantien Orale Thrombozyten- aggregationshemmer 82 Zahnmedizin

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