Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 22

zm 107, Nr. 22, 16.11.2017, (2648) Zur initialen Vorstellung brachte der Patient sowohl kardiologische Befunde als auch ein MRT der Halsweichteile mit. Kardiologisch waren bereits ein intermittierendes Vor- hofflimmern sowie eine tachykarde Herz- rhythmusstörung bekannt. Eine Kontrolle dieser Erkrankungen war ohne Befund ver- laufen, die Medikation nahm der Patient regelmäßig ein. Klinisch waren äußerlich zervikal keine Asymmetrien feststellbar. Palpatorisch konnte jedoch auf Höhe des M. sternocleidomastoi- deus rechts eine deutliche Raumforderung festgestellt werden. Im MRT zeigte sich korrelierend zum Tast- befund eine spindelförmige Raumforderung mit den Ausmaßen von 5 cm x 2 cm x 2 cm paravertebral auf Höhe HWK 3 bis HWK 6 (Abbildung 1). Der Befund verdrängte so- wohl den prävertebralen M. longus colli als auch die Arteria carotis nach ventral. Die Vena jugularis interna war subtotal komprimiert. Kleinere Ausläufer der Raum- forderung lagen unmittelbar lateral des Neuroforamens der Radix C5, unterhalb des HWK 4 und reichten bis auf 3 mm an die Arteria vertebralis heran (Abbildung 2). Ein infiltratives Wachstum war radiologisch nicht nachweisbar. Chirurgische Exstirpation und histopatho- logische Untersuchung: Bedingt durch die progressiven Beschwerden des Patienten stellten wir die Indikation zur operativen Entfernung in Intubationsnarkose mit einem Schnellschnitt zur intraoperativen feingeweblichen Diagnostik. Palpatorisch zeigte sich das Punktum maxi- mum intraoperativ auf Höhe der zweiten Halsfalte, so dass ausgehend von dieser Lokalisation die Präparation in die Tiefe er- folgte. Bereits bei der Darstellung des M. sternocleidomastoideus zeigte sich die starke Komprimierung der V. jugularis interna durch eine etwa 5 cm x 2 cm x 2 cm große lipomatöse Raumforderung (Abbildung 3). Unter Schonung der umgebenden arte- riellen und nervalen Strukturen erfolgte die Abpräparation des Befunds bis auf die prävertebrale Halsfaszie (Abbildung 5). Diese wurde zur histopathologischen Unter- suchung eingesandt – mit der Diagnose eines abgekapselten lipomatösen Tumors mit eingestreuten Skelettmuskelfasern. Diskussion Synkopen werden hauptsächlich vasovagal, orthostatisch oder kardiovaskulär ausgelöst. In der Regel lassen sie sich durch eine aus- führliche Anamnese der Ursache und der eingenommenen Medikamente sowie durch klinische Untersuchungen wie EKG, Blut- druckmessung, Kipptisch-Untersuchung oder Schellong-Test diagnostizieren [Guidelines for the diagnosis and management of syn- cope (version 2009), Herold, 2016]. Grundsätzlich empfiehlt sich bei jeder un- klaren zervikalen Raumforderung primär eine Sonografie der Weichgewebe zur Abschätzung der Größenausdehnung und Lokalisation. Zur genauen Abklärung der in- volvierten Strukturen ist präoperativ jedoch eine dreidimensionale Bildgebung wie CT oder MRT indiziert [Abd El-Monem et al., 2005]. Lipome sind die häufigsten mesenchymalen Tumore. Zu ihren Merkmalen zählen die Benignität, das Bestehen aus Fettzellen und das langsame Wachstumsverhalten. Prädis- positionsstellen für Lipome sind der Nacken-, MKG-Chirurgie Unklare Synkope in der MKG-Ambulanz Nora Lautner, Nils Krämer, Frank Hölzle, Ali Modabber „Eine Kopfbewegung – und plötzlich wurde es dunkel“, berichtete der 58-jährige Patient in der Aachener MKG-chirurgischen Ambulanz. Außerdem wachse da etwas in seinem Hals, wie er ertastet habe. Ein außergewöhnlicher Fall. Foto: Dr. Dr. Nora Lautner 86 Zahnmedizin

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