Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 23

zm 107, Nr. 23-24, 1.12.2017, (2800) friedhof Lichterfelde (Grabstätte FiW-40) [Rohrmeier, 1985; Tschernitschek/Geurtsen, 2014]. Röntgenbilder im Selbstversuch Walkhoff gilt als einer der bedeutendsten deutschen Zahnärzte in der Geschichte des Faches – er zählt zu den wenigen Standes- vertretern, die eine Aufnahme in die „Neue Deutsche Biographie“ fanden [Groß, 2017]. Auch im internationalen Maßstab wurde Walkhoff stark wahrgenommen [Rezai, 1984 und 1986]. Die Gründe hierfür sind evident: Walkhoff führte die Röntgenstrahlen in die Zahnheilkunde ein. Bereits 1896, also nur kurze Zeit nach den ersten Veröffentlichungen Wilhelm Conrad Röntgens, fertigte er nach Selbstversuchen in seiner Braunschweiger Praxis zahnärztliche Röntgenbilder an. Ebenso erprobte er den Radiumeinsatz in der (Zahn-)Medizin und ging demzufolge – maßgeblich unterstützt von Fritz Giesel – als einer der Initiatoren der klinischen Strahlenforschung in die Medizingeschichte ein. Auch hier erkundete er die Möglichkeiten der Radiumanwendung zunächst im Selbst- versuch. Zudem machte er die Fotografie für die zahnmedizinische Diagnostik nutzbar. Walkhoff zählt aber auch zu den Promotoren der Wurzelkanalbehandlung, wofür er eine noch heute genutzte, nach ihm benannte und mit Chlorphenol-Kampfer-Menthol ver- setzte Jodoform-Paste entwickelte. Weitere seiner Forschungen betrafen die Kariologie sowie die Wirkung von Vitaminen auf die Zahnentwicklung und den -erhalt. 1921 gab er außerdem ein Lehrbuch der Konser- vierenden Zahnheilkunde heraus, das rasch zur Standardliteratur avancierte [Walkhoff, 1921]. Besonders erwähnenswert ist Walkhoffs Einfluss auf die zahnärztliche Berufspolitik: Von 1906 bis 1926 wirkte er als Präsident des Central-Vereins deutscher Zahnärzte – länger als jeder seiner Vorgänger in diesem Amt [Parreidt, 1909; Groß/Schäfer, 2009]. Zugleich fungierte Walkhoff als Vorsitzender der „Vereinigung der Dozenten der Zahn- heilkunde“, der Vorgängerinstitution der Vereinigung der Hochschullehrer für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (VHZMK). Er stritt für ein zahnärztliches Promotionsrecht und einen eigenständigen Doktortitel. Vor allem sein 1914 erschienener Fachbeitrag „Zur zahnärztlichen Promotionsfrage“ fand große Beachtung [Walkhoff, 1914]. Sein un- beirrter Einsatz hatte Erfolg: 1919 kam es tatsächlich zur Einführung des Dr. med. dent. Besagte Promotionsmöglichkeit führte dem Fach Zahnheilkunde eine rasch wach- sende Zahl von Studierenden zu [Maretzky/ Venter, 1974; Groß, 1999; Groß/Schäfer, 2009]. Walkhoff setzte sich darüber hinaus für die Etablierung der Schulzahnpflege ein – mit Erfolg, denn von 1902 bis 1915 wuchs die Zahl der Schulzahnpflegestätten von 1 auf über 200 an [Rohrmeier, 1985]. Unbeirrbar und prinzipientreu Zu Walkhoffs bedeutendsten akademischen Schülern zählt Alfred Kantorowicz (1880–1962), der sich 1912 mit dem Thema „Bakteriologische und histologische Studien über die Caries des Dentins“ habili- tierte und Walkhoff auch bei den Aktivitäten im Bereich der Schulzahnpflege nachhaltig unterstützte [Rohrmeier, 1985; Tschernitschek/ Geurtsen, 2014]. Betrachtet man die Ehrungen, die Walkhoff zu Lebzeiten bekam, wird deutlich, wie hoch sein fachliches Ansehen gewesen sein muss: 1898 wurde ihm in Braunschweig der Titel des Hofzahnarztes zugesprochen, 1901 folgte die Goldene Medaille des CVdZ. 1903 wurde er in München zum Ehrendoktor ernannt („Dr. med. h.c.“), 1920 in Marburg („Dr. med. dent. h.c.“). Walkhoff wurde Ehren- mitglied des Zahnärztlichen Vereins für München und Oberbayern (1921) und Eh- renpräsident der „Deutschen Gesellschaft für Zahn- und Kieferheilkunde“ (1930), die sich seit 1933 „Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde“ (DGZMK) nannte. Er war Präsident des „V. Internatio- nalen Zahnärztekongresses“, der 1909 in Berlin tagte, und fungierte von 1915 bis zu seinem Tod 1934 als Herausgeber der im Thieme-Verlag veröffentlichten „Deutschen Zahnheilkunde“. Zudem war Walkhoff Träger zahlreicher internationaler Orden (Albrechts- Orden, Danilo-Orden, Roter Adler-Orden, luxemburgischer Verdienstorden). Walkhoff galt aber auch zeitlebens als streit- bar. So schreckte er in der Kontroverse um die Einführung des zahnärztlichen Promo- tionsrechts vor heftigen standespolitischen Angriffen gegen Andersdenkende nicht zu- rück [Groß, 1999]. Und auch als Hochschul- lehrer zeigte er sich unbequem. Es waren langjährige Querelen in seiner Münchener Zeit, die Walkhoff letztlich zur Annahme des Rufes an die Universität Würzburg be- wegten. Doch in Würzburg geriet er eben- falls bald in Streit, insbesondere mit dem dortigen Prothetiker Gustav Heinrich. Jene Auseinandersetzungen führten letztlich zum vorzeitigen Ausscheiden Walkhoffs aus dem Dienst – eine Entwicklung, die er in einer 114-seitigen, durchaus polemischen Mono- grafie mit dem Titel „Meine Amtsentsetzung durch die Führer der Bayerischen Volkspartei“ öffentlich aufarbeitete [Walkhoff, 1934; Rohrmeier, 1985]. Univ.-Prof. Dr. mult. Dominik Groß Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin, Medizinische Fakultät RWTH Aachen University dgross@ukaachen.de Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion angefordert werden. 102 Gesellschaft

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