Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 23
zm 107, Nr. 23-24, 1.12.2017, (2734) tierhaltung vor (wie Fleisch, Milchprodukte, Eier), aber auch in bestimmten pflanzlichen Fetten wie in Distelöl, Sonnenblumenöl oder Margarine. Transfette entstehen beim starken Erhitzen von Fetten beim Braten, Backen oder Frittieren [Fernández-San Juan, 2009]. Wie für die gesamtkörperliche Entzündung konnte auch im Bereich der Parodontologie ein entzündungsfördernder Einfluss von gesättigten Fettsäuren und Omega-6-Fettsäuren auf das Parodont ge- zeigt werden [Iwasaki et al., 2011b, 2011a; Ramirez-Tortosa et al., 2010]. Nach Kennt- nis der Autoren ist keine Studie bekannt, die den Einfluss von Transfettsäuren auf paro- dontale Parameter untersucht hätte. Im Gegensatz zu den proentzündlichen Einflüssen der Fette, scheinen Omega-3- Fettsäuren einen entzündungsauflösenden Effekt zu haben [Serhan, 2014]. Sie sind vor allem in tierischen Produkten aus biologischer Tierhaltung und fettem Seefisch als auch in pflanzlichen Nahrungsmitteln wie Algen, Leinsamen(-öl), Walnüssen zu finden. In den vergangenen Jahren sind eine Vielzahl von Publikationen erschienen, die auch einen entzündungsreduzierenden Effekt von Omega-3-Fettsäuren auf das Parodont zei- gen konnten [Chee et al., 2016], wobei die Fettsäuren auch adjunktiv zur Parodontitis- therapie eingesetzt wurden. Physiologischer Hintergrund scheint dabei eine unterschied- liche Verwertung von Omega-6- und Omega- 3-Fettsäuren zu sein. Während Omega-6- Fettsäuren über Arachidonsäure zu proent- zündlichen Eicosanoiden (wie zum Beispiel Prostaglandin E2) metabolisiert werden, münden die Omega-3-Fettsäuren in ent- zündungshemmenden Eicosanoiden. Zudem leiten Derivate der Omega-3-Fettsäuren, die sogenannten Resolvine, die Beendigung des Entzündungsprozesses ein und wirken damit entzündungsauflösend [Serhan, 2014]. Seit der Sesshaftwerdung des Homo sapiens und der Einführung der industriellen Land- wirtschaft scheint sich das Verhältnis von Omega-3- zu Omega-6-Fettsäuren von 1:1 zu Jäger-und-Sammler-Zeiten zu 1:15 in der heutigen Zeit in Industrienationen ver- ändert zu haben [Simopoulos, 2006]. Proteine: Proteine sind aus Aminosäuren zusammengesetzt und ubiquitär in allen Zellen vorhanden. Bezüglich ihres entzünd- lichen Einflusses sind Proteine eher als neu- tral zu betrachten (Tabelle 1), wobei deren biologische Wertigkeit und sekundäre Wir- kung stark von der Art der Proteinaufnahme abhängt, also von der Art der pflanzlichen oder tierischen Proteine. Im Bezug zur Paro- dontitis sind den Autoren kaum Studien be- kannt, die einen Einfluss verschiedener Pro- teinquellen auf die parodontale Entzündung hin untersucht hätten. Eine der wenigen Studien verglich den parodontalen Zustand von 100 Vegetariern mit dem von 100 Nicht-Vegetariern und konnte signifikant weniger parodontale Entzündungen bei den Vegetariern feststellen [Staufenbiel et al., 2013]. Aufgrund des Studiendesigns (Querschnittsstudie) lassen die Ergebnisse allerdings breite Diskussionen zu. Auf der einen Seite gab die Gruppe der Vegetarier an, signifikant seltener den Zahnarzt aufzu- suchen, auf der anderen Seite zeigte diese Gruppe ein signifikant höheres Bildungs- niveau und eine signifikant häufigere Mundhygienefrequenz. Bei der Frage, ob eine vegetarische oder eine vegane Ernährung aus parodontaler Sicht sinnvoll ist, müssen vor allem die signifikanten Einflüsse der anderen Makro- nährstoffe (zum Beispiel Zucker oder gesät- tigten Fettsäuren) berücksichtigt werden. Demnach kann eine vegetarische Ernährung durchaus entzündungsarm oder -fördernd gestaltet werden, zum Beispiel je nach Kon- sum von hoch-glykämischen Kohlenhydraten oder gesättigten Fettsäuren. Weiterhin ist zu beachten, dass eine vegetarische oder vegane Ernährung (ohne Supplementation) einen Vitamin-B12-Mangel bedingen kann, der wiederum mit verstärkten parodontalen Entzündungen korreliert ist [Rizzo et al., 2016; Zong et al., 2016]. Mikronährstoffe: Zu der Gruppe der Mikro- nährstoffe gehören Vitamine, Mineralien und Spurenelemente. Sie leisten in der Regel kei- nen Beitrag zur Energieversorgung, sondern zur Aufrechterhaltung der vielfältigen Funk- tionen. Neben den Einflüssen der Makro- nährstoffe wurde klassischerweise vor allem ihr Einfluss auf parodontale Strukturen unter- sucht [Van der Velden et al., 2011]. Eine der ersten klinischen Studien in diesem Bereich, war die Untersuchung des britischen Flottillenarztes James Lind in Bezug zur Vitamin-C-Mangelerkrankung Skorbut, die mit einem massivem Abbau des zahntra- Verschiedene pflanzliche Lebensmittel – hier stellvetretend Gewürze wie Curry und Knoblauch – sind dafür bekannt, dass sie auf oralpathogene Keime eine antimikrobielle Wirkung ausüben. Foto: Fotolia_Alexander Raths 36 Fortbildung Parodontologie
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