Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 23
zm 107, Nr. 23-24, 1.12.2017, (2750) 2002; Kozarov, 2012; Deshpande et al., 1998]. Im Rahmen der Ätiopathogenese atherosklerotischer Veränderungen spielt die Ausbildung von Schaumzellen aus hyper- reaktiven Makrophagen eine besondere Rolle. Diese pathologische Veränderung in der Gefäßwand wird durch P. gingivalis mit bewirkt und unterstützt [Shaik- Dasthagirisaheb et al., 2013; Lei et al., 2011; Giacona et al., 2004; Qi et al., 2003]. Weiterhin kann P. gingivalis die Ausbildung von Thromben in Gefäßen fördern [Roth et al., 2009]. Komplexe chronische Entzündungserkran- kungen wie Parodontitis sind nicht nur lokal messbar, sondern können zu erhöhten Level an Akute-Phase-Proteinen wie das C-reaktive Protein (C-RP) und pro-inflammatorischen Mediatoren wie Interleukin 6 (IL-6) im Blut- strom führen [Noack et al., 2001; Loos, 2005; Loos et al., 2000; Lamster and Ahlo, 2007; Ebersole et al., 2002, Ebersole, 2003]. Es wird postuliert, dass die bei Parodontitis erhöhten Level inflammatorischer Mediato- ren immunentzündliche Prozesse an der Gefäßwand mit beeinflussen und damit den Verlauf der atherosklerotischen Pathogenese negativ beeinflussen können. Weitere ätiopathogenetische Co-Faktoren wie zum Beispiel Rauchen und Ernährung beeinflussen die Entstehung beider Erkran- kungsformen – kardiovaskuläre Erkrankun- gen und Parodontitis – zusätzlich und seien daher hier mit erwähnt [Kebschull et al., 2010]. Einfluss der Parodontitistherapie auf das kardiovaskuläre System: Vor diesem Hinter- grund stellt sich die Frage, ob die systema- tische Parodontitis-Therapie einen mess- baren Einfluss auf bereits eingetretene vas- kuläre Veränderungen wie zum Beispiel die Abnahme der Gefäßelastizität hat. Tatsäch- lich konnten Tonetti und Mitarbeiter 2007 einen solchen Effekt beschreiben [Tonetti et al., 2007]. Weitere Untersuchungen konnten dieses Phänomen bestätigen [Orlandi et al., 2014]. 60 und 180 Tage nach intensiver Parodontitis zeigte sich eine verbesserte Durchflussdilation der Gefäße nach vorher diagnostizierter endothelialer Dysfunktion. Zusätzlich konnte eine Abnahme von Ent- zündungszellen (polymorphkernige Granu- lozyten) sowie des Adhäsionsmoleküls E-Selektin, das eine wichtige Funktion im Rahmen entzündlicher Gefäßveränderungen erfüllt, beobachtet werden [Tonetti et al., 2007]. Eine neuere Studie zeigte die Ab- nahme der Intima-media-Dicke nach Paro- dontitistherapie bei Aborigines mit zuvor diagnostizierter kardiovaskulärer Erkrankung [Kapellas et al., 2014]. Grundsätzlich kann aus den bisher vorliegenden wissenschaft- lichen Erkenntnissen gefolgert werden, dass die systematische Parodontitistherapie die endotheliale Funktionalität verbessern und zur Reduktion von Biomarkern führen kann, die in der Ätiopathogenese atherosklerotischer Erkrankungen wichtige Funktionen über- nehmen [Teeuw et al., 2014]. Diese Er- kenntnisse sind allerdings nicht nur bedeut- sam für die Therapie, sondern vor allem auch für die Prävention atherosklerotischer Veränderungen. Es ist wahrscheinlich, dass eine adäquate Parodontitistherapie auch Abbildung 4: Schematische Darstellung der Zusammenhänge zwischen Parodontitis und systemischen Erkrankungen Abkürzungen: AGEs = advanced glycation endproducts, CRP = C-reaktives Protein, IL = Interleukin, MPO = Myeloperoxidase, MZ = Monozyten; NETs = neutrophil extracellular traps (extrazelluläre Fallen von PMNs), PMNs = polymorphkernige neutrophile Granulozyten, PPAD = Peptidylargi- nindeiminase von P. gingivalis; TNF alpha = Tumor-Nekrose-Faktor alpha Quelle: Dommisch et al. 52 Fortbildung Parodontologie
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