Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 23
zm 107, Nr. 23-24, 1.12.2017, (2796) Immunzellen, die außerhalb des Körpers mit Tumorantigenen beladen und vermehrt werden. Die Zellen tragen dann Tumor- antigene, also Merkmale, die typisch für Krebszellen sind und auf gesunden Körper- zellen gar nicht oder nur in anderer Form vorkommen, auf ihrer Oberfläche. Die Forscher hoffen, dass die Konfrontation des Immunsystems mit einer größeren Menge der Tumorantigene dazu führt, dass eine ef- fektivere Immunantwort gegen den Tumor erfolgt. Dendritische Zellen: Bei einem weiteren – ebenfalls noch experimentellen – Ansatz werden spezielle Immunzellen, die dendri- tischen Zellen, als Helfershelfer eingesetzt. Die dendritischen Zellen nehmen üblicher- weise Antigene auf, präsentieren diese an- deren Immunzellen und stimulieren damit die Immunantwort auf ein bestimmtes Antigen. Getestet wird in den pharmazeu- tischen Labors deshalb unter anderem, ob das Immunsystem Tumorantigene eventuell besser erkennt, wenn sie von den eigenen dendritischen Zellen präsentiert werden. Die „Dendritische Zelltherapie“ ist sehr auf- wendig, da die Immunzellen den Patienten entnommen, mit den Tumorantigenen „beladen“ und dann reinfundiert werden müssen. Zurück im Körper sollen sie weitere Immunzellen aktivieren und damit eine spe- zifische Immunantwort gegen die Tumor- antigene hervorrufen. Versucht wird außerdem, Immunzellen des Patienten, die für die Zerstörung von schädigenden Fremdzellen im Organismus verantwortlich zeichnen, wie etwa die soge- nannten Killerzellen, im Labor durch spezielle Botenstoffe – die Zytokine – zu vermehren und über solche Zytokin-induzierten Killer- zellen die Immunreaktion gegen den Tumor zu stimulieren. Derzeit sind weitere Verfahren in Erprobung, von denen die Forscher sich Fortschritte einer Immuntherapie bei Krebserkrankungen ver- sprechen. Das Prinzip besteht in aller Regel darin, über verschiedenste Strategien Immun- zellen des Patienten so zu verändern, dass sie nach der Reinfusion Immunreaktionen gegen den Tumor stimulieren. Christine Vetter Medizinische Fachjournalistin Derzeit sind über 200 ver- schiedene Varianten des vor allem sexuell übertragenen Humanen Papillomavirus (HPV) bekannt, von denen nur wenige (unter anderem HPV 16, 18, 31, 33, 35) ein onkogenes Potenzial haben. Hier sind vor allem die anogenitale Region (anale (bis zu 95 Prozent durch HPV verursacht) und Cervixkarzinome (bis zu 70 Prozent durch HPV verursacht)) betroffen, wobei HPV auch eine Rolle bei der Entstehung oropharyngealer Krebserkrankungen zu spielen scheint. Derzeit sind HPV-Impfun- gen ein wichtiges Mittel bei der Prävention von HPV-Infektionen und anderer HPV-ver- mittelter Pathologien. Die prophylakti- schen Impfstoffe wirken primär durch die Stimulierung der Antikörper-vermittelten Immunität. Sie induzieren neutralisierende Antikörper, die in der Lage sind, HPV zu erkennen und zu inaktivieren, bevor das Virus Wirtszellen infiziert. Allerdings haben die derzeit verfügbaren HPV-Impfungen keinen Effekt bei bereits bestehenden Infektionen. Impfen gegen oropharyngeale Karzinome? Aktuelle Studien gehen von einem sig- nifikanten Anstieg von durch HPV ver- ursachten oropharyngealen Karzinomen (OPC) aus. So prognostizieren einige Autoren, dass bis 2030 ungefähr die Hälfte aller OPC mit HPV assoziiert sein wird, wobei bei den häufig jüngeren, ge- sünderen Patienten die klassischen Risiko- faktoren Rauchen und Alkoholabusus weit- aus weniger vorliegen. Es handelt sich hier vor allem um Manifestationen an den Tonsillen und an der Zunge. Angesichts der Tatsache, dass die meisten HPV-bezogenen OPC (rund 90 Prozent) durch HPV Typ 16 verursacht werden, ein Typ, der sowohl in den Cervarix®- als auch in den Gardasil®-Impfstoffen enthalten ist, könnte man erwarten, dass diese Impf- stoffe auch die oropharyngeale HPV16/18- Infektion verhindern könnten. Da jedoch die Prävention einer oropharyngealen HPV-Infektion durch HPV-Impfung bisher nicht in randomisierten Studien unter- sucht wurde, ist der Wert der Impfung als prophylaktische Maßnahme für OPC noch unbewiesen. Dies liegt zum einen darin begründet, dass die Assoziation zwischen einer HPV-Infektion und Malignomen im oropharyngealen Bereich noch nicht aus- reichend lang bekannt ist. Weiterhin ist es unklar, ob bei einer HPV-Infektion poten- ziell maligne Vorläuferläsionen vorliegen, die bei asymptomatischen Patienten zudem nur schwer zu untersuchen wären. Allerdings deuten erste Studien sehr wohl darauf hin, dass die Impfung auch bei OPC wirksam ist. Ausblick Für den Gebärmutterhalskrebs sind Impfung und Screening inzwischen gut etabliert. Bei einer vermutlich zunehmenden Inzidenz von HPV-assoziierten oropharyngealen Karzino- men wird die Impfung beider Geschlechter hoffentlich zu einer Verringerung der Inzi- denz führen. Auch wenn die Kosten und insbesondere die Kosten-Effektivität nicht geklärt ist, sollten eine präventive Impfung für HPV weltweit gefördert werden. Univ.-Prof. Dr. Dr. Monika Daubländer Leitende Oberärztin der Poliklinik für Zahnärztliche Chirurgie Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz Poliklinik für Zahnärztliche Chirurgie Augustusplatz 2, 55131 Mainz daublaen@uni-mainz.de PD Dr. Dr. Peer W. Kämmerer Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie der Universität Rostock Schillingallee 35, 18057 Rostock Aus Sicht der Zahnmedizin Krebsprävention bei oropharyngealen Karzinomen durch HPV Foto: MEV 98 Medizin
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