Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 01-02
zm 108, Nr. 01-02, 16.1.2018, (28) Zahnarzt eine UDA, die Patienten zahlen £ 20,60. Gruppe 2 beschreibt alle Teile von Gruppe 1 und darüber hinaus Füllungen, Extraktionen und Wurzelbehandlungen. Dafür erhält der Zahnarzt 3 UDAs. Es spielt keine Rolle, ob es sich um eine Füllung han- delt oder um drei Füllungen, zusätzlich eine Wurzelkanalbehandlung und zwei Extrak- tionen. Der Patient zahlt £ 56,30. Gruppe 3 beinhaltet alle Behandlungen aus Gruppe 1 und Gruppe 2 und darüber hinaus Kronen, Brücken und Prothesen. Benötigt also ein Patient neben der Untersuchung, Röntgen- aufnahmen, eine Zahnsteinentfernung, drei Füllungen, zwei Wurzelkanalbehandlungen, eine Extraktion und eine Teilprothese, dann gibt es dafür 12 UDAs und die Patienten zahlen selbst £ 244,30. Gruppe 4 wäre die eingangs beschriebene Schmerzbehandlung. Die erste angefertigte Krone – im fünften Studienjahr! Je nach Vertrag, den man als Associate mit einer Praxis hat, heißt das im Durch- schnitt £ 8 bis £ 10 pro erbrachter UDA. Sehe ich da ein leichtes Entsetzen im Ge- sicht des einen oder anderen Lesers? Dies lässt sich ganz leicht noch steigern, wenn man viele der hier auf der Insel als Zahn- medizin bezeichneten Arbeiten betrachtet. Denn das Leistungsspektrum im NHS sieht Amalgamfüllungen, Acryl-Prothesen und Nichtedelmetallkronen als Versorgung vor. Dementsprechend sieht die Ausbildung von zukünftigen Zahnmedizinern aus. Ein Äqui- valent zur deutschen Vorklinik gibt es nicht, wohl aber Kurse an Phantomköpfen und am Patienten. Nicht wenige Studenten fertigen ihre erste Krone im fünften Studienjahr an, und die Abschlussprüfung besteht aus der Präsentation und Diskussion eines Posters über einen abgeschlossenen Sanierungsfall. Nach fünf Jahren Studium und der jährlichen Zahlung von £ 9.000 schließen die Studenten als Bachelor ab. Wer seinen Master machen will, zahlt für weitere zwei bis drei Jahre je nach Fachgebiet etwa £ 60.000 bis £ 80.000. Danach ist fachlich etwa der Stand eines deutschen Zahnmedizinabsol- venten erreicht. Was aber nicht heißt, dass man etwas über Gnatholgie oder Teleskop- versorgungen erfahren hat. Zahnmedizin ist hier knallhartes Business Das ist aber nicht weiter dramatisch, denn Zahnmedizin wird hier im Königreich als knallhartes Business betrachtet. Es kommt nicht darauf an, die bestmögliche Behand- lung für den Patienten zu gewährleisten – unabhängig von der Versorgung, sondern darauf, schnellstmöglich so viel Geld wie möglich zu verdienen. Mit NHS-Praxen funktioniert das, indem man nur die aller- billigsten Verbrauchsmaterialien einkauft, Auswüchse in der Implantologie: Fast jeder Zahnarzt fühlt sich hier zum Implantieren berufen. Foto: S. Thiele Goldene Frontzahnkronen sind das Status- symbol vieler Immigranten aus der Karibik. Foto: S. Thiele Die Schranktür zumachen und alles ist gut. In den meisten Praxen sieht es so aus. Foto: S. Thiele Wenig Aufwand, schnelles Geld: die britische minimalinvasive Brücke Foto: S. Thiele 28 Zahnmedizin im NHS
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