Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 03
zm 108, Nr. 3, 1.2.2018, (138) nach dem Zufallsprinzip entweder fluorid- haltige oder fluoridfreie Zahnpasten mit Hydroxylapatit verwendet; beide Testgrup- pen wiesen nach zwölfwöchiger Studien- phase vergleichbar häufig Karies auf, die Teilnehmer mit fluoridierter Zahnpasta an- geblich sogar „etwas häufiger“. „Offenbar schützt der Inhaltsstoff Hydroxylapatit den Zahnschmelz vor Säureschäden, indem er sich an die Zähne heftet“, kommentierte Studienleiter Prof. Ulrich Schlagenhauf das Ergebnis. Wie die Bundeszahnärztekammer mitteilt, verzeichnet sie momentan vermehrt An- fragen von verunsicherten Verbrauchern. Aktuell stellt sie deshalb auf ihrer Homepage wissenschaftliche Informationen zur Ver- fügung, die belegen, dass Fluoride in Zahn- cremes unbedenklich und kariespräventiv wirksam sind. mg/nb/ck * Auf seiner Homepage verweist Dr. Wolff ebenfalls auf die Studie – und nennt in der Literaturangabe als Quelle den Beitrag in „Guter Rat“ („Eine aktuelle Studie an fünf deutschen Universitätskliniken belegt, dass eine hydroxylapatithaltige Zahnpasta die Zähne ebenso gut vor Karies schützt wie eine fluorid- haltige Zahnpasta [2]. „Guter Rat“ – Das un- abhängige Verbrauchermagazin (12.2016)“). „Das Unternehmen Dr. Wolff, Bielefeld, betreibt seit einigen Wochen eine aggres- sive Werbung für das Produkt Karex und streut gezielt Verunsicherungen zu Fluori- den. Dies ist ein unredlicher Marketing- schachzug. Die Behauptungen entbehren der wissenschaftlichen Datenlage. Die oben benannten Organisationen stellen fest: Sicher und nützlich Fluoride sind weltweit sehr gründlich untersucht. Die herausragende karies- prophylaktische Wirksamkeit von Fluorid- zahnpasten wurde in vielen Studien be- legt. Zuletzt wurde sie im Jahre 2010 in einer Meta-Analyse von 71 qualitativ hochwertigen klinischen Studien durch die renommierte Cochrane Collaboration bestätigt [1]. Auch die im Jahre 2016 er- schienene „Leitlinie zur Kariesprophylaxe bei bleibenden Zähnen“ empfiehlt die mindestens zweimal tägliche Anwendung einer fluoridhaltigen Zahnpasta als Basis- prophylaxe [2]. Fluoride in Zahnpflege- produkten sind nachgewiesenermaßen sicher und unbedenklich. Gesundheitliche Nachteile sind nicht zu befürchten. Ohne wissenschaftliche Evidenz Während für Fluoridzahnpasten umfang- reiche Studien auf hohem wissenschaft- lichem Niveau vorliegen, gibt es für Karex und seine Bestandteile bislang noch keine wissenschaftliche Evidenz. Die Werbung bezieht sich vor allem auf eine noch nicht publizierte klinische Studie. Eine breite wissenschaftliche Basis für Aussagen zur kariespräventiven Wirkung des Produktes ist nicht gegeben. Im Folgenden sollen einige Aussagen der Werbekampagne zu Fluoriden genauer erläutert werden. Zunächst wird der Eindruck erweckt, als habe die Europäische Union aktuell strenge Grenzwerte für den Einsatz von Fluorid in kosmetischen Mitteln festgelegt. Dies trifft nicht zu. Die Grenzwerte für Fluorid wurden bereits in der ersten europäischen Kosmetik-Verord- nung im Jahre 1978 definiert. Es gibt keine neuen Festlegungen. Die von der Firma Dr. Wolff als Ver- öffentlichung in mehreren Tageszeitungen platzierte Werbung mit dem Titel „Fluorid – erste Verbraucherschützer rufen nach Ver- bot“, erweckt den Eindruck, als würden un- abhängige Verbraucherschutz-Organisationen vor Fluorid warnen. Dies ist nicht der Fall. Im Kontext der Vermarktung von Karex wird auch eine Studie aus 2017 zitiert [3]. Diese in Mexiko durchgeführte Untersuchung stellte einen Zusammenhang zwischen syste- mischer (!) Fluoridexposition bei Schwange- ren und dem kognitiven Leistungsvermögen der Kinder her. Unabhängig von der metho- dischen Qualität und der fraglichen Belast- barkeit der Studienergebnisse ist eindeutig zu konstatieren, dass die Studie keinerlei Relevanz für die Fluoridprophylaxe in Deutschland hat, weil die in der Studie ermit- telten relevanten Fluoridkonzentrationen in Deutschland bei Weitem nicht erreicht wer- den. Nicht nur die aufgenommenen Fluorid- mengen in Deutschland und Mexiko unter- scheiden sich ganz erheblich. Zu unterscheiden sind zudem die systemische Fluoridaufnahme, wie im Beispiel Mexiko, und die Verwendung von Fluoridverbindungen in Zahnpflegepro- dukten, die wieder ausgespuckt werden. Alles in allem sind die von der Firma Dr. Wolff in ihrer Werbung in Aussicht ge- stellten kariespräventiven Wirkungen der Zahnpasta Karex wissenschaftlich nicht belegt. Der Versuch, den Einsatz des hoch effektiven und sicheren Wirkstoffs Fluorid in Zahnpasten zu diskreditieren, muss als unbegründete Verunsicherung der Be- völkerung und unserer Patienten zurück- gewiesen werden. Berlin, 22. Januar 2018“ Literatur: [1] Walsh T, Worthington HV, Glenny AM, Appelbe P, Marinho VC, Shi X: Fluoride toothpastes of different concentrations for preventing dental caries in children and adolescents. Cochrane Database Syst Rev 2010:CD007868. [2] Deutsche Gesellschaft für Zahnerhaltung (DGZ) und Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK): Kariesprophylaxe bei bleibenden Zähnen – grundlegende Empfehlungen. 2016: www.dgzmk.de/uploads/tx_szdgzmk documents/kariesprophlang_02.pdf [3] Bashash M, Thomas D, Hu H, Martinez- Mier EA, Sanchez BN, Basu N et al.: Prenatal Fluoride Exposure and Cognitive Outcomes in Children at 4 and 6–12 Years of Age in Mexico. Environmental health perspectives 2017;125:097017. Stellungnahme zur Karex-Werbung von Dr. Wolff Deutsche Gesellschaft für Zahnerhaltung (DGZ), Deutsche Gesellschaft für Präventivzahnmedizin (DGPZM) und Bundeszahnärztekammer (BZÄK) 18 Zahnmedizin
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