Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 03

zm 108, Nr. 3, 1.2.2018, (144) „Digital, alles digital!“ – diese Worte sind in aller Munde. Ubiquitär hat das digitale Zeit- alter Einzug gehalten. Smartphones, Tablets, Computer und vernetzte Devices sind aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Alle diese schönen Geräte haben sukzessive in der Medizin ihren Platz gefunden. Die digitale Akquisition von Daten ist schon lange in der Medizin etabliert. Das erste Patent wurde 1973 eingereicht [Luckey, 1973] und mit der Einführung der Compu- tertomografie (CT) durch Hounsfield wurde die Diagnostik revolutioniert [Hounsfield, 1973; Hounsfield, 1976]. Die kommerzielle digitale Röntgendiagnostik in der Zahn- medizin wurde 1986 mit der Radiovisio- grafie erstmals beschrieben und ist heute kaum noch wegzudenken [Benz/Sitzmann, 2000]. Keramische Inlays und Kronen sind bereits seit Langem per CAD/CAM möglich [Mormann, 1988]. Mit den Intraoralscan- nern steht der konventionellen Abformung ein ernst zu nehmender Konkurrent gegen- über und könnte in Zukunft diese sogar er- setzen [Mormann, 2006; Zimmermann et al., 2015]. Beschränkten sich diese Verfahren haupt- sächlich auf die Planung und Konstruktion prothetischer Versorgungen, ist es nun seit geraumer Zeit auch möglich, das chirurgische Procedere präoperativ zu virtualisieren. Hier ist die geführte Implantologie zu nennen. Das Backward-Planning, bei dem das Ziel der optimalen Implantatposition für den pro- thetischen Ersatz (unter Berücksichtigung der zu schützenden anatomischen Strukturen) die chirurgische Therapie definiert, gilt seit Jahren in der modernen Implantologie als Voraussetzung für suffiziente implantat- prothetische Behandlungen. Primäre Ziele dieses Vorgehens sind die optimale ästhe- tische und funktionelle Versorgung sowie die implantologische Versorgung komplexer Fälle [Becker/Kaiser, 2000; Almog et al., 2001; Mischkowski et al., 2006; Gellrich et al., 2007; Bernhard, 2014]. Im Zuge der fortschreitenden Forschung und Entwicklung wurde es möglich, auch große Knochentransplantate virtuell präoperativ zu planen, wobei einer der anspruchs- vollsten chirurgischen Eingriffe die lang- streckige Rekonstruktion der Mandibula ist. Hier findet weltweit am häufigsten das mikrochirurgisch reanastomisierte Fibula- transplantat für die Rekonstruktion Anwen- dung [Peled et al., 2005]. Durch die virtuelle präoperative Planung, Schneideschablonen (sogenannte cutting guides) und ein „Pa- tient Specific Implant“ (PSI) kann bei strikter Einhaltung der Protokolle ein exakteres Operationsergebnis erzielt werden [Hanken et al., 2015; Wilde et al., 2015]. Anspruchsvoll ist die Rekonstruktion des totalen Kiefergelenks mit Kondylus und Fossa. Der alloplastische Kiefergelenkersatz ist seit mehreren Jahrzehnten im Einsatz, fiel aber in den 80er-Jahren aufgrund man- nigfaltiger Probleme, hauptsächlich durch Kontraindikation und massive Fremdkörper- reaktionen in Misskredit [Lagrotteria et al., OP-Planung in der MKG-Chirurgie Digital von A bis Z Hendrik Bechmann, Michael Sauer In unzähligen Publikationen kann bereits detailliert nachverfolgt werden, wie virtuell einzeln Knochenaugmentationen geplant, Kiefergelenke rekonstruiert und geführt implantiert oder prothetische Restaurationen angefertigt werden. Die Frage aber ist: Kann die Therapiekaskade auch vollständig virtuell geplant und durchgeführt werden? Fotos: Bechmann 24 Zahnmedizin

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