Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 03
zm 108, Nr. 3, 1.2.2018, (161) Fallbeschreibung: Ein dreijähriges Mädchen wird mit einem be- ginnenden Abszess der linken Fossa canina vorstellig. Klinisch zeigen die Zähne keinerlei kariöse Läsionen, die Ursache ist unklar. Radio- logisch fällt ein ausgedehntes Pulpenhorn am Zahn 63 auf. Die Patientin ist insgesamt für ihr Alter eher kleinwüchsig. Allgemein anamnestisch liegt eine X-chromosomale Hypophosphatämie (Phosphatdiabetes) vor. Diagnose: Durch die X-chromosomale Hypophosphatä- mie bedingte Nekrosen der Pulpa mit nach- folgender Abszedierung Therapie: Als mögliche Therapie oder prophylaktische Maßnahmen werden Stahlkronen oder Kunst- stofffüllungen beschrieben. Die Präparation von Zähnen birgt jedoch das Risiko der Ent- stehung von Rissen in der Zahnhartsubstanz oder einer Eröffnung der Pulpa. Daher werden heutzutage Versiegelungen der betroffenen Zähne mit fließfähigen Kunststofffüllmaterialien oder bei Attrition das Abdecken von exponier- tem Dentin mit weiteren Füllungsmaterialien empfohlen. Valide Daten aus wissenschaftlichen Untersuchungen liegen hierzu allerdings noch nicht vor. Generell sollten Patienten mit Phosphat- diabetes regelmäßig zu zahnärztlichen Vorsorge- untersuchungen vorstellig werden, Fluorid auf die Zähne applizieren und eine extrem gute Mundhygiene betreiben. Gerade in der Früh- diagnose können Zahnärzte eine wichtige Rolle spielen. So können sie die ersten sein, die die klinischen Anzeichen der X-chromosomalen Hypophosphatämie zuordnen können. Schlussfolgerung: In histologischen Untersuchungen von Zähnen findet sich bei der X-chromosomalen Hypo- phosphatämie Interglobulardentin. Dies be- deutet, dass im Dentin eine unvollständig mineralisierte Dentinmatrix zwischen regulär mineralisierten Globuli vorliegt. Daneben fallen in histologischen Untersuchungen Ausdehnun- gen der Pulpa mit Pulpenhörnern und ver- größerten Pulpenkaven auf, die sich bis an die Schmelz-Dentin-Grenze ausdehnen, was eine Infektion der Pulpa begünstigt (Abbildung). Infolge von Attrition des Zahnschmelzes können Bakterien durch das fehlgebildete und in seiner Struktur durchlässige Dentin in die bis an die Schmelz-Dentin-Grenze verzweigte Pulpa eindringen und zu Pulpanekrosen und Abs- zessen führen. Literatur: 1. Murayama T , Iwatsubo R, Akiyama S, Amano A, Morisaki I: Familial hypophosphatemic vitamin D-resistant rickets: dental findings and histo logic study of teeth. Oral Surg Oral Med Oral Pathol Oral Radiol Endod. 2000 Sep; 90(3):310–6. 2. Goodman JR, Gelbier MJ, Bennett JH, Winter GB: Dental problems associated with hypophosphataemic vitamin D resistant rickets. Int J Paediatr Dent 8: 19–28 (1998) Dr. Marcel Hanisch, Prof. Dr. Dr. Johannes Kleinheinz Fünf Fallbeispiele, wie sich Seltene Erkrankungen sich im Zahn-, Mund-, Kiefer- und Gesichtsbereich manifestieren können. Abbildung: Bis an die Schmelz- Zement-Grenze ausgedehntes Pulpen- horn im Milchzahn 63 bei einer dreijährigen Patientin. burg, se lt en e Erkrankungen (ZusE) in Mar arbei- den Ruf eine s deutschen Dr. House er einer te t. Ein Porträt d es Mediziners und s spek taku lä rs ten Fä ll e (S . 44). gnose Auch in der Zahnmedizin blei bt die Dia rkran- manchmal zunäc hs t blank. W el ch e E hmer- kung verbirg t sich h i nte r diesen Zahnsc klaren zen oder jenem A bs zess? Auf so lc h e un Müns- Fälle hat sich die Universitätszah nk li ni k rkran- ter mit ihrer Sprech st un de „Selten e E isiert. kungen mit oraler Beteiligun g“ sp ezial ektie- Fünf Beispiele, die Sie im Praxisallta g det ren können (S. 41). g bei Die Besonderheiten der Behandlun einer Kom- seltenen Erkrankun g ( plikatio nen un d cher- Si erden heitskau tele n) w ispiel im Fall 6 am Be rigen einer 17-Jäh mit e-Alb- Mc Cu n rom right-Synd t (S. dargestell 48 ). e Fotos: Hanisch Fall 1: Hypophosphatämie und Nekrose der Pulpa Knifflige Zahnmedizin 41
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