Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 03

zm 108, Nr. 3, 1.2.2018, (177) Was ist ein Freier Beruf? Die Antwort auf diese Frage fällt – je nachdem, wo in Europa sie gestellt wird – unterschiedlich aus. Übereinstimmung besteht (meist) in folgenden Punkten: die „besondere Qualifi- kation“, der „geistig-intellektuelle Charakter der Dienstleistung“ sowie die „Eigenverant- wortlichkeit“ und „Unabhängigkeit“ von Freiberuflern. Das betrifft auch das „beson- dere Vertrauensverhältnis“, die „Gemein- wohlverpflichtung“ und das Merkmal der „persönlichen Erbringung“. Gegensätze findet man hingegen beim Berufsrecht, bei der beruflichen Selbstverwaltung, bei der Notwendigkeit einer Registrierung, beim beruflichen Verhaltenskodex oder bei ethischen Grundsätzen. Dabei sind (insbesondere) die aus dem deutschen Sprachraum stammenden Defi- nitionen meist umfangreicher und ent- halten mehr Kriterien als die Definitionen aus anderen EU-Mitgliedstaaten. So einigte sich die Mitgliederversammlung des Bun- desverbands der Freien Berufe 1995 in Deutschland auf folgende Definition: „Die Freien Berufe haben im Allgemeinen auf der Grundlage besonderer beruflicher Qualifikation oder schöpferischer Begabung die persönliche, eigenverantwortliche und fachlich unabhängige Erbringung von Dienstleistungen höherer Art im Interesse der Auftraggeber und der Allgemeinheit zum Inhalt.“ Anschließend ging diese Defi- nition in die Legaldefinition des § 1 Abs. 2 S. 1 Partnerschaftsgesellschaftsgesetz sowie in die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ein. In Spanien dagegen gibt es gar keine klare Definition für das Wort „Freier Beruf“. Und Frankreich hat den Begriff erst 2012 gesetzlich definiert. Dort sind Merkmale des Freien Berufs die „un- abhängige Erbringung von intellektuellen oder technischen Dienstleistungen im Inte- resse eines Klienten oder der Öffentlichkeit unter Beachtung ethischer Prinzipien oder des Berufsrechts“. Konkrete Rechtsfolgen ergeben sich aus dieser gesetzlichen Definition im französischen Recht jedoch nicht. „Wir brauchen endlich ein gemeinsames Verständnis“ Und im europäischen Recht? Auch hier gibt es keine oder allenfalls marginale Rechtsfolgen, die mit der Einordnung einer Tätigkeit als freiberufliche verbunden sind. „Aber nur wenn die Gruppe, die Gegen- stand einer gesetzlichen Regelung sein soll, eindeutig zu beschreiben ist, kann sie Bezugspunkt dieser Regel sein“, betont Europaexperte Arno Metzler. Aus diesem Grund fordert die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) mehr Verständnis und Präsenz für die Freien Berufe in Europa: „Berufliche Regeln sind kein Selbstzweck“, sagt BZÄK- Präsident Dr. Peter Engel. „Sie dienen vor allem dem Schutz der Patienten. Wir brauchen endlich ein Verständnis in Europa darüber, was Freie Berufe besonders macht und welche gesellschaftliche Sonderstellung sie haben. Nur so können wir uns in lau- fenden EU-Gestzgebungsverfahren Gehör verschaffen.“ Denn die Freien Berufe stehen in Europa vor großen Herausforderungen: Die EU- Kommission begreift sie nämlich als Teil der regulierten Berufe – eine Differenzierung Eine gemeinsame Definition für Europa Das Manifest der Freiberuflichkeit Zahnärzte sind Freiberufler! Aber was bedeutet das überhaupt? In den Mitglied- staaten der Europäischen Union wird die Freiberuflichkeit unterschiedlich definiert – und ausgelegt. Warum das zu Problemen führt, lesen Sie hier. Illustration: jpgon - Fotolia.com 57 Politik

RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=