Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 03

zm 108, Nr. 3, 1.2.2018, (196) Ein 84-jähriger Patient stellte sich etwa acht Wochen nach alio loco durchgeführter Extraktion des lockeren Zahnes 27 mit einer zunehmenden Schwellung und Schmerzen in der linken Gesichtshälfte und mit Verdacht auf eine dentogene Sinusitis maxillaris in unserer Ambulanz vor (Abbil- dungen 1 bis 3). Der Patient klagte zusätzlich links über eine Schwellung des harten und des weichen Gaumens, eine Schwellung des Vestibulums und der Wange, eine einseitige Verlegung der Nase mit Behinderung der Nasenatmung sowie eine Hypästhesie im Ausbreitungs- gebiet des N. infraorbitalis (Abbildung 4). Aufgrund des bereits reduzierten Allgemein- zustands und der intraoralen Befundgröße erfolgte die stationäre Aufnahme zur weiteren Diagnostik und Therapieplanung bei bereits bestehendem Verdacht auf ein Kieferhöhlenkarzinom. Diagnostik und Befund Im Rahmen der bildgebenden Diagnostik und des weiteren Stagings erfolgte neben einer Panoramaschichtaufnahme (Abbil- dung 5) ein FDG PET-CT (inklusive Dünn- schicht-CT Kopf-Hals mit Kontrastmittel) in Kombination mit einem nachgeschalteten FDG PET-MRT (inklusive MRT Kopf-Hals mit Kontrastmittel) zur Darstellung der loko- regionären Befundausdehnung (Hart- und Weichgewebe) sowie zum Ausschluss loko- regionärer Metastasen, Fernmetastasen und möglicher synchroner Zweittumore (Abbil- dungen 6 bis 8). In der Bildgebung zeigte sich eine destruktiv wachsende Raumforderung des linken Sinus maxillaris mit einer Infiltration der Maxilla links, mit einer Destruktion des Alveolarfort- satzes, des Palatum durum, der fazialen, der medialen und der lateralen Kieferhöhlen- wand sowie des Orbitabodens und mit einer beginnenden Infiltration der unteren Augen- muskulatur. Weiterhin bestand ein Einbruch der Raumforderung in die Nasenhaupt- höhle, in die Ethmoidalzellen sowie in den Sinus sphenoidalis und von medial in die linke Orbita. Zusätzlich zeigten sich ipsilateral, prävertebral und submandibulär lokalisierte, suspekte Lymphknoten sowie weitere, parapharyn- geale und paratonsilläre suspekte FDG- Anreicherungen. In der linken Wange zeigte sich ebenfalls eine ausgeprägte und suspekte FDG-Anreicherung. Es ergaben sich keiner- lei Hinweise auf Fernmetastasen oder auf synchrone Zweittumore. In Intubationsnarkose erfolgte eine Probe- biopsie aus dem linken Oberkiefervestibulum mit anschließendem Schleimhautverschluss. Weiterhin erfolgte eine Panendoskopie mit Probenentnahmen und beidseitiger Tonsil- lektomie durch die Kollegen der HNO zur weiteren Befundsicherung. Die histologische Aufarbeitung ergab die Diagnose eines diffusen, großzelligen B-Zell- Lymphoms (Subtyp: Burkitt-like-Lymphom) in der Kieferhöhle. Für die weitere systemisch- zytostatische Therapie wurde der Patient in die Hämato-Onkologie unseres Hauses verlegt. Diskussion Raumforderungen in der Kieferhöhle eröff- nen eine Vielzahl möglicher benigner und maligner Differenzialdiagnosen und werden aufgrund der oft erst in fortgeschrittenem Stadium eintretenden Symptomatik häufig erst spät diagnostiziert. Eine der wichtigsten Differenzialdiagnosen ist das Kieferhöhlenkarzinom – häufig Platten- epithelkarzinome –, dessen Prognose maß- geblich vom Zeitpunkt der Diagnose abhängt. Maligne Raumforderungen in der Kieferhöhle B-Zell-Lymphom Andreas Pabst, Bernd-Günther Laskowski, Richard Werkmeister Dieser Patientenfall zeigt: Maligne Raumforderungen in der Kieferhöhle bieten eine Vielzahl an möglichen Differenzialdiagnosen. Die frühzeitige Diagnose und Therapieeinleitung beeinflusst die Prognose entscheidend. Alle Abbildungen: Pabst 76 Zahnmedizin

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