Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 04
zm 108, Nr. 4, 16.2.2018, (257) Ein Zahnarzt und sein Start-up „Dann erfinde ich mein eigenes Mikroskop“ Wenn das Wort Start-up fällt, assoziiert man üblicherweise digitale Innovationen und eine hippe Gründerszene. Dass man auch mit einem konventionellen Produkt für einen limitierten Markt in die Start-up-Szene gelangen kann, zeigt die Geschichte von Klaus-Peter Jurkat, niedergelassener Zahnarzt in Berlin. Er ent- wickelte ein monokulares Mikroskop primär für die Endodontie. „Was mir bei der Arbeit in den Tiefen eines Zahnes enorm hilft, müsste doch auch für die Kollegen interessant sein!“ Gesagt, getan. Allerdings erwies sich der Weg von der Idee zur Marktreife als äußerst lang und steinig. Alle Fotos: K.-P. Jurkat Die Bestätigung der Praxistauglichkeit seiner Erfindung erhielt Jurkat durch den Dental In- novation Award 2011, der unter der Schirm- herrschaft der Deutschen Gesellschaft für Zahnerhaltung durch die „Stiftung Innova- tive Zahnmedizin“ (SIZ) jährlich verliehen wird. Dort hieß es: „Die Erfindung könnte bei Erreichung der Marktreife eine kosten- günstige und praktikable Alternative zu den herkömmlichen Methoden der Visualisie- rung in der Zahnmedizin sein und somit zur Qualitätssicherung beitragen.“ Nur wie macht man aus (s)einer Erfindung ein marktreifes Produkt? Da die klassischen Mikroskop-Anbieter an der Idee für ein kom- paktes und preiswertes Mikroskop für die Generalistenpraxis kein Interesse zeigten (ein Schelm, wer Böses dabei denkt), ent- schied sich Jurkat, ein Start-up zu gründen. Und so präsentierte er 2013 sein Mikroskop dem „High-Tech Gründerfonds“ (HTGF) – Europas aktivstem Frühphaseninvestor. An diesem sind neben dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie und der KfW die Fraunhofer-Gesellschaft und namhafte Wirt- schaftsunternehmen beteiligt. Der Investor: „So sieht jetzt der Businessplan aus!“ Aber der HTGF verlangt auch unternehme- rische Strukturen wie zum Beispiel einen Geschäftsführer mit betriebswirtschaftlicher Kompetenz. In der Start-up-Hochburg Ber- lin kein Problem. Dann trat Jurkat endlich in Bonn vor etwa 30 Entscheidern auf. Ver- treter der Traditionsfirma Zeiss hatten zuvor gegenüber dem Erfinder Optik und Licht gelobt, erzählt der Zahnarzt im zm-Gespräch. Zu seiner großen Freude gab ihm die Jury den Zuschlag. Das Geld bis zum Erreichen des ersten Meilensteins floss. Doch die Vorgaben des HTGF erwiesen sich als eine hohe, letztlich zu hohe Hürde. Der Aufbau der Serienproduktion, die notwen- digen Zulassungen und die Auflage, 50 Geräte binnen sechs Monaten zu verkaufen, ließen sich nicht realisieren. Für den Berliner Zahnarzt ein herber Rückschlag. Hinzu kamen die Kosten, die mit den Vorgaben des Gründerfonds zusammenhingen. Allein dafür ging ein großer Teil des Budgets drauf. Es kam, wie es kommen musste. Das vom HTGF finanzierte Start-up wurde insolvent und musste abgewickelt werden. Aufgeben wollte Jurkat aber noch nicht und kaufte 2015 mit neuer Schaffenskraft Am Anfang der Geschichte stand die Frage: „Wie genau sollte man eigentlich als Gene- ralist in den Kanal schauen können, um diesen nach heutigen Maßstäben aufbe- reiten zu können?“ Klaus-Peter Jurkat, mit einer Generalistenpraxis und einem großen Faible für die Endodontie in Berlin-Spandau niedergelassen, fing an, intensiv über diese Frage nachzudenken, nachdem er bei einem Endo-Spezialisten hospitiert hatte. Die Leistungsfähigkeit der dort verwende- ten OP-Mikroskope ist enorm: Der Kollege arbeitete mit einer drei- bis vierfachen Ver- größerung und überprüft mit einer höheren Vergrößerung (12-fach) den Wurzelkanal. Die Jury: „Könnte eine Alternative sein“ Inspiriert von dieser Arbeitsweise erfand der Zahnarzt – der auch sechs Semester Mathematik und Physik studiert hat – ein monokulares Mikroskop mit exzellenter Be- leuchtung, das für die Generalistenpraxis einen entscheidenden Vorteil bietet: Es lässt sich einfach in den Arbeitsbereich schwenken, ist flexibel und mobil und somit in den jeweiligen Workflow des Zahnarztes ohne Umbauten oder gar weitere Geräteinvestitionen integrierbar. Für Jurkat (Jahrgang 1951) glich sein Modell einer beruflichen Revolution: „Für mich war es nach 25 Jahren Verrenkung bei der Arbeit eine Erleuchtung.“ Und da das Mikroskop in allen Achsen schwenkbar ist, muss auch der Patient nicht speziell gelagert werden. Dem Mikroskop gab er den Namen „dentaZOOM“. Foto: privat Klaus-Peter Jurkat, Zahnarzt und dentaZOOM Dentalmikroskope UG 32 Praxis
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