Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 04
zm 108, Nr. 4, 16.2.2018, (277) Diese Zysten gehen von der Epidermis oder den Hautanhangsgebilden aus. Die Zysten werden in unterschiedliche Gruppen unter- teilt: piläre Zysten, die Haarkeratin enthalten, epidermale Zysten, die epidermales Keratin enthalten, und Dermoidzysten, die in ihrer Zystenwand Plattenepithel, Haarfollikel und Talgdrüsen enthalten [Riede UN, Schäfer HE, 1995]. Der Patient im vorgestellten Fall hatte multiple trichilemmale Zysten – also Zysten aus der Gruppe der pilären Zysten, die ihren Ursprung in den Hautanhangsgebilden finden. Neben diesen Begriffen werden synonym die Begriffe Atherom, Trichilemmzyste, Trichi- lemmalzyste, Pilarzyste und umgangs- sprachlich auch Grützbeutel, Balggeschwulst, Talgzyste und Grießknoten genutzt. Etwa 5 bis 10 Prozent der Bevölkerung weisen derartige Zysten auf [Laumann AE, 2017], wobei über 90 Prozent der Zysten im Bereich der behaarten Kopfhaut liegen. Diese wiederum machen einen Großteil aller dermalen Zysten aus [Laumann AE, 2017]. Weitere Lokalisationen der trichilem- malen Zysten sind die Extremitäten und die Genitalregion. Trichilemmale Zysten finden sich intradermal oder subkutan. Sie sind vornehmlich 0,5 bis 5 cm groß, können aber auch weit größere Ausmaße annehmen. Sie imponieren als glatte kugelige Schwellung. Bei additiver Entzündung kann das Areal rötlich verändert aussehen, gegebenenfalls kommt es zur Ruptur, so dass der Befund dann palpato- risch häufig weicher anmutet. Im Vergleich zu Epidermalzysten weisen diese Zysten keinen Porus auf, das heißt, die darüber liegende Haut ist intakt. In der Regel sind sie benigne und treten mit 70 Prozent meist multipel und sporadisch auf, können aber auch, bei dann autosomal dominantem Erbgang, familiär gehäuft auftreten. Frauen sind häufiger betroffen [Laumann AE, 2017]. Bei 2 Prozent der trichilemmalen Zysten führt die Proliferation einzelner Zellen zur Entwicklung eines Tumors, der sogenann- ten proliferierenden trichilemmalen Zyste. Durchmesser von 25 cm wurden für diese partiell ulzerierenden Tumore beschrieben. In seltenen Fällen kommt es zu einer malignen Transformation mit lokal infiltrierendem Wachstum und Bildung von Metastasen [Weiss J et al., 1995]. Ebenfalls beschrieben ist das seltene Auftreten von Merkelzell- karzinomen, die in trichilemmalen Zysten entstanden sind [Su W et al., 2008]. Differenzialdiagnostisch ist an Zylindrome [Walter C et al., 2017], an proliferierende tri- chilemmale Zysten und an Epidermalzysten zu denken. Therapeutisch werden die trichilemmalen Zysten chirurgisch exzidiert. Bei Entfernung des kompletten Zystenbalgs kommt es in aller Regel zu keiner Rezidivierung. Im vorliegenden Fall lagen multiple trichi- lemmale Zysten vor, die weder einen soliden Wuchs als trichilemmaler Tumor noch eine maligne Transformation aufwiesen und sich komplikationslos entfernen ließen, so dass von keiner Rezidiventwicklung auszugehen ist. Prof. Dr. Dr. Christian Walter Mund-, Kiefer-, Gesichts- chirurgie Mediplus Haifa Allee 20 55128 Mainz walter@mainz-mkg.de PD Dr. Christoph Renné Fachärzte für Pathologie Gemeinschaftspraxis Wiesbaden Ludwig-Erhard-Str. 100 65199 Wiesbaden Trichilemmale Zysten finden sich intra- dermal oder subkutan und imponieren als kugelige Schwellung, zu über 90 Prozent im Bereich der behaarten Kopfhaut. Differenzialdiagnostisch muss an Zylin- drome, an proliferierende trichilemmale Zysten und an Epidermalzysten gedacht werden. Therapeutisch werden trichilemmale Zysten chirurgisch exzidiert. Bei komplet- ter Entfernung kommt es in aller Regel zu keinem Rezidiv. Fazit für die Praxis Für eine erfolgreich ge- löste Fortbildung erhal- ten Sie 2 CME-Punkte der BZÄK/DGZMK. Multiple trichilemmale Zysten CME AUF ZM - ONLINE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion angefordert werden. Foto: privat Abbildung 3: Trichilemmale Zysten sind Retentionszysten, die sich aus dem Isthmus des Haar- follikels ableiten. Sie zeigen eine besondere Form der Verhornung. Bei der trichilemmalen Ver- hornung zeigt das Plattenepithel eine Verhornung ohne Ausbildung eines Stratum granulosum. Die luminalen Epithelien erscheinen daher groß und blass. Sie verhornen abrupt, ohne vorher eine Abflachung zu zeigen, das Epithel erscheint daher zum Lumen der Zysten scheinbar säge- blattartig. Die Zysten zeigen luminal Hornmaterial, oft mit zentralen Ablagerungen von Kalk und Cholesterin. Foto: Renné Foto: privat 52 Zahnmedizin
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=