Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 04
zm 108, Nr. 4, 16.2.2018, (314) schädigen für so manche Mühe, zumal durch solche „one to one“-Kontakte oft mehr erreicht wird als durch so manches teure, staatstragende Programm. Seit 2011 ist DIANO in Kuba aktiv. Durch die Nähe zu den bisherigen Einsatzgebieten (Haiti und Dominikanische Republik) war es immer ein Thema, auch nach Kuba zu gehen. Den Ausschlag gab schließlich der Hilferuf einer deutsch-kubanischen Organi- sation, die händeringend ein Röntgengerät brauchte. Damit war quasi die Richtung vor- gegeben: Kuba braucht vor allem materielle Unterstützung, zahnärztliches Personal gibt es genug. Fortbildungen sind eine Seltenheit So wuchsen die Kontakte zu vielen der staatlichen Kliniken über einen längeren Zeitraum. Die Öffnung Kubas gab der Initiative einen neuen Schub, obwohl die Bande von Deutschland nach Kuba schon seit Langem bestehen. Die Charité etwa kann auf eine lange gemeinsame Tradition zurückblicken, aus der sich sogar ein deutsch-kubanischer Zahnärzteclub ent- wickelt hat. Allein schon der Name der Berliner Traditionsuniversität wirkt positiv: Alejandro de Humboldt wird in Kuba als Nationalheld verehrt. Es heißt, Humboldt sei der geistige Begründer der kubanischen Nation, schließlich habe er mit seinen For- schungen dem Volk zur eigenen Identität verholfen. Herr Prof. Eickholz, wo sehen Sie den größ- ten Wissensrückstand bei den kubanischen Kollegen? Prof. Peter Eickholz: Ich habe zwei Vorträge gehalten und konnte aus der anschließen- den Diskussion in Deutsch, Englisch und ein bisschen Spanisch keinen Wissensrückstand erkennen. Klar erkennbar waren aber das große Interesse an Informationen aus dem Ausland und der Wunsch, fachlich auf Augenhöhe mit mir zu diskutieren. Auf- wendige Verfahren mit teuren Materialien (z. B. regenerative Parodontalchirurgie) werden auf Kuba offenbar seltener durch- geführt als bei uns, was sicher auch mit der Verfügbarkeit der Materialien zu tun hat. Welche Rückmeldungen erhielten Sie zu Ihrem Vortrag? Ich hatte den Eindruck, dass die Zuhörer zum einen mit ihren Fragen auch demons- trieren wollten, dass sie auf Kuba nicht hinterm Mond leben, also durchaus ihr Fach verstehen. Zum anderen ging es, wie bei Vorträgen in Deutschland auch, um spe- zielle Instrumente und Vorgehensweisen. Allerdings weniger geprägt von Apparaten wie Laser oder Pulverstrahl, als es in Deutschland oft der Fall ist. Gab es etwas, dass Sie vor Ort überrascht hat? Bei meinem Besuch haben wir in Havanna eine öffentliche zahnmedizinische Poliklinik und eine zahnmedizinische Klinik für Pa- tienten aus dem Ausland besucht. Sehr in- teressant fand ich zum einen das Bemühen der Behörden, eine breite zahnmedizinische Versorgung für die Bevölkerung darzustellen – ganz im Sinne eines sozialistischen Systems. In den Wartezimmern wurde über Plakate für gesunde Ernährung geworben und vor den Risiken z. B. von Diabetes gewarnt. Diese Versorgung machte einen soliden, aber einfachen Eindruck. Auf der anderen Seite das zahnmedizinische Angebot für ausländische Gäste mit sehr gediegenem Ambiente und einem scheinbar breiteren Versorgungsangebot. Die Devisen, die hier erwirtschaftet werden, müssen sicher auch den Betrieb in der öffentlichen Poliklinik querfinanzieren. Welche Tipps können Sie Kollegen geben, die planen, als Hilfseinsatz ein Symposium zu organisieren oder Kurse / eine Vortrags- veranstaltung in Kuba durchzuführen? Diese Frage kann Herr Bauer besser beant- worten, denn er hat den Kontakt vermittelt und das Organisatorische von deutscher Seite beigetragen. Außerdem war er schon oft auf Kuba und verfügt über mehr als den Eindruck eines einmaligen Besuchs. Aber soviel: Wer nach Kuba fährt, muss viel Gelassenheit und Geduld mitbringen. Die Gastgeber sind sehr gastfreundlich, aber Planungen können sich kurzfristig ändern und Termine sind nicht in Stein ge- meißelt. Das entspricht nicht ganz meiner gewohnten Arbeitsweise, aber ich war vor- gewarnt. Man benötigt etwas Spielraum vor und nach den ursprünglich vereinbar- ten Terminen. Univ.-Prof. Peter Eickholz ist Direktor der Poliklinik für Parodontologie an der Goethe-Universität Frankfurt am Main. „Man muss viel Gelassenheit und Geduld mitbringen“ I NTERVIEW MIT PROF . PETER EICKHOLZ Mit Staatsober- haupt Raúl Castro im Hintergrund übergibt Prof. Peter Eickholz (r.) einem Vertreter des kubanischen Gesundheits- ministeriums eine Bücherspende für die Wissenschafts- bibliothek. 89
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