Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 04

zm 108, Nr. 4, 16.2.2018, (320) beziehungsweise sie setzen sich nicht mit denkbaren ästhetischen Verbesserungen auseinander. Außerdem kennen sie in der Regel nicht den Grund einer mangelhaften Gesichtsästhetik. Gummy smile: Die Ursachen eines „gummy smile“ sind vielgestaltig: Eine zu kurze Ober- lippe, ein vertikales Wachstum des Ober- kiefers oder ein unvollständiger passiver Zahndurchbruch sind die häufigsten Gründe, weshalb beim Lachen ein Großteil des Zahnfleisches sichtbar wird. Als ästhetisch ansprechend gilt ein Lächeln, bei dem die oberen Zahnkronen vollständig und etwa ein Millimeter Zahnfleisch sichtbar werden. Ist ein über etwa 3 mm sichtbarer Zahn- fleischanteil vorhanden, wird dies von Patienten als wenig attraktiv bewertet [Zucchelli, 2014]. Eine Studie von Kokich et al. [1999] unter- suchte, ab wann ein „gummy smile“ als unästhetisch angesehen wird. Hier zeigte sich, dass Kieferorthopäden ein Lächeln ab zwei Millimetern sichtbares Zahnfleisch, Laien ab vier Millimetern als unästhetisch empfanden. Andere Autoren sehen die Schwelle bei drei Millimetern sichtbares Zahnfleisch [Zucchelli, 2014]. Bei einem idealen Lächeln verläuft die Lippenlinie entlang der marginalen Gingiva [Hempton et al., 2004] oder 1 mm apikal davon [Zucchelli, 2014]. Mit zunehmendem Alter wird die Ober- lippe länger. Dies stellt einen therapie- beeinflussenden Faktor dar, da die oberen Frontzähne nicht zu stark intrudiert werden sollten. Eine tiefe Lachlinie kann den Patien- ten optisch älter erscheinen lassen. Ob eine kieferorthopädische Therapie das Auftreten von unvollständigem passivem Zahndurchbruch begünstigt, wird häufig kontrovers diskutiert. Eine Studie von 2014 [Nart et al., 2014] konnte hier aber keinen signifikanten Zusammenhang nachweisen. Für Patienten mit einem „gummy smile“ über 4 mm gibt es drei unterschiedliche Behandlungsmöglichkeiten [Kokich, 1993]: 1) kieferchirurgische Verlagerung der Ma- xilla nach kranial 2) parodontalchirurgische apikale Verschie- bung der Gingivaränder 3) kieferorthopädische Intrusion der oberen Inzisivi mit konservierendem/prothetischem Schneidekantenaufbau. Wie findet der Behandler nun die richtige Methode? Der Schlüssel hierzu liegt in der Diagnose. Die diagnostischen Maßnahmen umfassen die Vermessung der Breite-Länge-Verhält- nisse klinischer Zahnkronen [Rufenacht, 1990] und der Kronen-Wurzel-Verhältnisse der Zähne [Kokich, 1993]. Hier muss dif- ferenzialdiagnostisch eine ausgeprägte Abrasion/Attrition ausgeschlossen werden. Eine Sondierung der Zahnsulki dient der ersten Orientierung. Die Sondierung der betroffenen „kurz erscheinenden Zähne“ ist jedoch kein hinreichendes Kriterium [Zucchelli, 2014]. Hohe Sondierungstiefen entsprechen gingi- valen Pseudotaschen, geringe Sondierungs- Unterschiede parodontaler Biotypen Dicker, flacher parodontaler Biotyp charakterisiert durch die geringe Höhendifferenz zwischen inzisal- approximaler und apikal-fazialer marginaler Gingiva 85 % der Patienten dicker alveolärer Knochen (horizontal) breite Manschette an befestigter keratinisierter Mukosa reagiert auf Trauma/Verletzung eher mit Sondierungstiefenerhöhung sowie approximalem Knochenverlust approximaler Kontaktpunkt im Mittelpunkt der Krone (kurze Distanz SZG-Kontaktpunkt) dichtes, fibrotisches, kollagenreiches Gewebe dicker Durchmesser einer eher kurzen Wurzel vorhersehbare Therapie möglich, neigt aber zu rückkehrendem Gewebewachstum Tabelle 1, Quelle: Weisgold et al., 1997 Dünner, bogenförmiger parodontaler Biotyp charakterisiert durch die große Höhendifferenz zwischen inzisal- approximaler und apikal-fazialer marginaler Gingiva 15 % der Patienten dünner alveolärer Knochen (horizontal) schmale Manschette an befestigter keratinisierter Mukosa reagiert auf Trauma/Verletzung eher mit Rezessionen und Dehiszenzen approximaler Kontaktpunkt im oberen Drittel der Krone (langer Abstand SZG- Kontaktpunkt) lockeres, elastinreiches Gewebe schmaler Durchmesser einer eher langen, konischen Wurzel unvorhersehbare Therapie 95

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