Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 04
zm 108, Nr. 4, 16.2.2018, (321) tiefen schließen einen unvollständigen passiven Zahndurchbruch keinesfalls aus, sondern können ebenso Hinweis auf die Lage des Knochenkamms koronal der Schmelz-Zement-Grenze sein. Die konventionelle Röntgendiagnostik (Zahnfilm) ist zwingender Bestandteil der Untersuchung. Eine metrische Analyse der Ober- und Unterlippenlinie beim Lachen, die Okklusionsebene und der Inzisalkanten- verlauf können weitere Hinweise auf einen Bedarf an kieferorthopädischer, prothetischer oder kieferchirurgischer Mitbehandlung geben. Ebenso sollte die Zahnstellung in Bezug auf die Gesichtssymmetrie unter- sucht werden. Die Sulkushöhe der oberen Frontzähne ver- läuft bei den seitlichen Inzisivi etwa 1 mm kaudaler als bei den mittleren Inzisivi und Canini [Stähli et al., 2015]. Der gingivale Phänotyp ist wichtig, wenn über Risiken und Therapiefolgen aufgeklärt wird. Eine dicke Gingiva ist weniger trans- parent und zudem weniger traumatisierbar. Auf der anderen Seite scheint die Rezidiv- gefahr nach einem resektiven Eingriff bei dicken Biotypen häufiger aufzutreten [Hempton et al., 2004]. Fotoausdrucke (Foto vom Patientengesicht, auf dem das „gummy smile“ durch ein har- monisches Lächeln ersetzt wird) und Mock- ups (Kosten-Nutzen-Abwägung) helfen bei der Indikationsstellung. Die bevorstehende Veränderung der dento-fazialen Ästhetik muss beim Aufklärungsgespräch deutlich gemacht werden. Ebenso ist eine sensible Einschätzung der Erwartungen und Wünsche und der Compliance des Patienten von hohem Wert und kann gegebenenfalls zur Ablehnung der Therapie auf Behandlerseite führen. Zu den genannten untersuchten Para- metern kommt das individuelle ästhetische Empfinden des Patienten hinzu, da es nicht ausreicht, wenn der Parodontologe erkennt, dass mit einem Eingriff dem Patienten ge- holfen werden kann [Hempton et al., 2004]. Hier sollte durch eine mehrfache Patienten- aufklärung eine Sensibilisierung von Wün- schen und Vorstellungen erfolgen. Der gründlichen Diagnostik von Patienten mit einem hohen Lachen kommt eine enorme Bedeutung zu. Zusammen mit der Erfahrung und der manuellen Fertigkeit des operativ tätigen Parodontologen ist dies der Schlüssel zum Erfolg. Wie oben beschrieben liegen die Ursachen in a) einer kurzen Oberlippe (anatomisch oder muskulär) [Alleen, 2002], b) einem ausgeprägten vertikalen Wachs- tum des Oberkiefers [Garber et al., 1996] oder wie vorliegend c) einem unvollständigen passiven Zahn- durchbruch. Liegt die Ursache in einer zu kurzen Ober- lippe, wird die Möglichkeit beschrieben, über eine minimalinvasive operative Thera- pie den Oberlippenheber zu schwächen und somit eine hohe Lachlinie zu senken [Dayakar et al., 2014]. Im Fall eines vertikalen Wachstums des Oberkiefers kann ein orthognather kiefer- chirurgischer Eingriff angezeigt sein. Liegt ausschließlich im Frontzahnbereich zu viel Zahnfleisch frei und ist eine geringe Sondierung des limbus alveolaris diagnos- tizierbar, liegt die Alternativtherapie (wie bei einem ungünstigen Wurzel-Kronen-Ver- hältnis) in einer Intrusion der oberen Front- zähne mit anschließendem prothetischem oder konservierendem Aufbau [Kokich et al., 2006]. Abbildung 8: Frontale Detailansicht vor der chirurgischen Therapie Abbildung 9: Frontale Detailansicht nach der chirurgischen Therapie 96 Zahnmedizin
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