Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 05
zm 108, Nr. 5, 1.3.2018, (362) „Los geht es mit einem Update zu den Grundlagen der Funktion“, begrüßte Dr. Karsten Heegewaldt, Präsident der Zahnärztekammer Berlin, die Gäste: „Anschließend befassen sich die Referenten mit der funktionell einwandfreien prothetischen Rehabilitation und beleuch- ten abschließend das Thema interdisziplinär. Dabei dürfen wird uns vor allem auf viele wertvolle Tipps für die Praxis freuen!“ Zuvor wurde es jedoch politisch: „Ich persönlich – und das Land Berlin – halten eine Novellierung der 60 Jahre alten zahnärztlichen Approbationsordnung für dringend geboten“, betonte Boris Velter (SPD), Staatssekretär in der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung, in seinem Grußwort an die Berliner Zahnärzte- schaft. „Daher bin ich froh, dass sich Union und SPD in ihrem Koalitionsvertrag eindeutig zur Novellierung bekannt haben.“ „Die jährliche Teilnehmerzahl beweist, dass es einer Fortbildungs- pflicht durch den Gesetzgeber nicht bedurft hätte“, sagte Dr. Jörg- Peter Husemann, Vorstandsvorsitzender der KZV Berlin, angesichts des gut gefüllten Kongresssaals. „Wir sind keine kleinen Kinder. Fort- bildung ist für uns Zahnärzte eine Selbstverständlichkeit.“ Er betonte, man wolle den zahnärztlichen Nachwuchs für die Niederlassung in eigener Praxis gewinnen. „Die Politik muss für Praxen wieder attraktive Rahmenbedingungen schaffen“, sagte Husemann. „Wenn wir die qualitativ hochwertige, flächendeckende und wohnortnahe Versor- gung, die unsere Patienten so sehr schätzen, künftig sicherstellen wollen, muss eine entscheidende Prämisse verändert werden: Die Budgetierung muss weg!“ Prof. Dr. Ingrid Peroz, Charité Berlin, führte dann in den wissenschaft- lichen Teil des Kongresses ein. Sie gab einen ersten Überblick über unterschiedliche Dysfunktionen – vom Kaumuskelschmerz über den parafunktionell bedingten Zahnschmerz bis hin zu intraartikulären Störungen. Im Anschluss nahm PD Dr. M. Oliver Ahlers vom CMD- Centrum Hamburg-Eppendorf – als einer der insgesamt drei wissen- schaftlichen Tagungsleiter – Bezug zur Diagnostik craniomandibulä- rer Dysfunktionen. Er stellte seinen selbst entwickelten „CMD-Kurz- 32. Berliner Zahnärztetag Funktionstherapie: Grundlagen, Rehabilitation, interdisziplinär Das Thema des diesjährigen Berliner Zahnärztetages lautete schlicht „Funktionstherapie“. So hatten es sich die Berliner Zahnärzte in einer Befragung gewünscht. Für eine breite Vielfalt sorgten gleich drei wissenschaftliche Tagungsleiter. befund nach Ahlers und Jakstat“ vor. Dabei sind sechs Tests auszu- werten, die „ohne besondere technische Instrumente oder spezielle Ausbildung in jeder Zahnarztpraxis durchgeführt werden können“, erläuterte Ahlers. Die Dokumentation könne digital oder mit einem Aufkleber für papiergebundene Karteien erfolgen. „Sofern der CMD-Kurzbefund das Vorliegen einer CMD anzeigt“, erklärte Ahlers, „erfolgt anschließend als grundlegende funktionsdiagnostische Untersuchung eine klinische Funktionsanalyse.“ Ab Samstagvormittag stand der Kongress im Zeichen der Prothetik: Unter der Leitung von Prof. Dr. Florian Beuer, Charité Berlin, als zweitem wissenschaftlichem Tagungsleiter wurden verschiedene Konzepte für die funktionell einwandfreie prothetische Rehabilitation vorgestellt. Prof. Dr. Hans Jürgen Schindler, Würzburg, referierte über die Kau- flächengestaltung und deren Einbettung ins biologische System. „Die zurückliegenden Jahrzehnte waren geprägt durch ein statisch- mechanistisches Gedankengut und die idealisierte Vorstellung einer technomorphen Kauflächengestaltung“, erinnerte er. Neue Erkennt- nisse, vor allem aus der Neurobiologie, würden die Forscher jedoch zu einem Umdenken bei Rekonstruktions- und Rehabilitationsbemühun- gen zwingen: „Insbesondere ist es unerlässlich zu verinnerlichen, dass unsere von statischen und kinematischen Betrachtungen geprägten Rekonstruktionskonzepte einer deutlichen Erweiterung bedürfen, die das funktionelle Verhalten des mastikatorischen Systems unter dynamischen Bedingungen berücksichtigen“, lautete sein Fazit. Ab Samstagnachmittag weitete sich der Blick dann auf andere Fach- gebiete der Zahnmedizin. Der dritte wissenschaftliche Tagungsleiter, Dr. Johannes Heimann, Marburg, stellte in seinem Vortrag den Bezug zur Implantologie her und stellte die funktionelle Risikoanalyse vor. Mithilfe eines Diagnoseschemas werden die Patienten dabei in die Kategorien „niedriges“, „mittleres“ und „hohes“ funktionelles Risiko eingestuft. „Das funktionelle Risikoprofil bestimmt dann die Material- wahl“, betonte Heimann. „Entsprechend der Risikoanalyse gibt es unterschiedliche Lösungswege bei der Abutmentauswahl und des Kronenmaterials für festsitzende Implantatprothetik. Sein Resümee: „Durch die Bestimmung des patientenindividuellen funktionellen Risikoprofils und der patientenindividuellen funktionellen Bewegungs- daten können bei richtiger Materialwahl implantatprothetische Kom- plikationen reduziert werden.“ nb Über 1.000 Teilnehmer bildeten sich am 16. und 17. Februar 2018 im Estrel Convention Center in Berlin fort. Fotos: zm-nb 10 Politik
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