Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 05
zm 108, Nr. 5, 1.3.2018, (386) wie beispielsweise Adresslisten für einzelne Module angeboten. Die Konzeption eines „Nationalen Gesundheitsportals“ ist der Eigenbeitrag des Ministeriums zur Initiative. Dabei sollen sich die „an Evidenz orientierten Anbieter von Informationen zu Gesundheits- fragen – freiwillig und unter Beibehaltung ihrer Eigenständigkeit – auf gemeinsame Qualitätsstandards einigen und als ‚Content- Partner‘ ihre Inhalte auf einer kooperativen Plattform bereitstellen“. Das IQWiG-Konzept Als erste Ausbaustufe des Portals soll nach dem Konzept des IQWiG eine Such- maschine eingerichtet werden, die zunächst auf die externen Webangebote der Partner führt. Schritt für Schritt sollen dann portal- eigene Inhalte ergänzt werden. Gedacht wird dabei an folgende thematische Module: evidenzbasierte Gesundheitsinformation evidenzbasierte Prävention Navigator zu persönlichen/telefonischen Beratungsangeboten Navigator zu Kliniken, Ärzten, Pflege- einrichtungen und anderen Angeboten der Gesundheitsversorgung Navigator zu laufenden klinischen Studien Navigator/Erläuterungen der Strukturen des deutschen Gesundheitswesens Bewertung aktueller Medienberichte Auch zur Frage, wer das Portal betreibt, hat das IQWiG Kriterien definiert. Der künftige Träger solle „weitgehend eigenständig“ die redaktionelle und technische Betreuung übernehmen. Um die Unabhängigkeit des Portals zu sichern, dürfe der Träger keine kommerziellen Interessen verfolgen, müsse gemeinnützig sowie „wissenschaftlichen Grundsätzen verpflichtet“, „in transparente Beratungs- und Beteiligungsstrukturen ein- gebunden [...], dennoch aber inhaltlich und politisch unabhängig“ sein. Um das abzu- sichern, schlägt das IQWiG für die Beteiligung der „Content-Partner“ ein Akkreditierungs- verfahren vor, das diese Anforderungen als Bedingung für die Teilnahme enthält. Spannend dürfte es werden, wenn die Teil- nahmekriterien konkretisiert werden. Offen ist beispielsweise, wie man die Forderung nach „Neutralität“ unter den Partnern im Gesundheitswesen definiert. Aus der Optik der Politik erscheinen Zahnärzte und auch Ärzte als Interessengruppen – auch mit genuin wirtschaftlichen Interessen. Diese politische Perspektive greift jedoch zu kurz, wenn es um das individuelle (Zahn-)Arzt- Patienten-Gespräch geht, das mit den Gesundheitsinformationen in einem natio- nalen Gesundheitsportal letztlich adressiert werden soll. Der spezifische Wertekanon in den zahnärztlichen Berufsordnungen for- dert ausdrücklich, bei allen medizinischen Interventionen das Patientenwohl als allei- nige Richtschnur des Handelns zugrunde zu legen. Das Heraushalten wirtschaftlicher Interessen aus (zahn)ärztlichen Beratungen und Entscheidungen gehört zum Kern des (zahn)ärztlichen Selbstverständnisses und wird im Übrigen vom Berufsstand auch im- mer dann angemahnt, wenn im politischen Raum Einsparungen zulasten der Patienten diskutiert werden. Konfliktlinien könnten auch bei der Frage auftreten, welche Kriterien eine Gesund- heitsinformation evidenzbasiert, vertrauens- würdig und unabhängig machen. Die auf- geheizte Diskussion um die vorläufige Nut- zenbewertung des IQWiG zu Elementen der Parodontitistherapie ist hier noch gut in Erinnerung. Welcher Evidenzbegriff soll als Maßstab angelegt werden? Was darf als „evidenzbasiert“ gelten und was nicht? Wer bewertet das? Wie soll im Rahmen eines nationalen Gesundheitsportals mit unter- schiedlichen Ansichten der Content-Partner zu bestimmten Therapien umgegangen werden? Eine Fülle grundsätzlicher Fragen tut sich hier auf. Im IQWiG ist man sich offenbar der vielen Herausforderungen und Risiken eines solch breit angelegten Gesundheitsportals be- wusst. So braucht Gesundheitsinformation natürlich in erster Linie (zahn)medizinische Kompetenz. Es lässt sich schwerlich ein glaubwürdiges Gesundheitsportal denken, dass die Expertise der Ärzte, Zahnärzte und ihrer wissenschaftlichen Fachgesellschaften außen vor lässt. Im Konzeptentwurf finden sich denn auch Überlegungen dazu, wie man „genügend relevante Partner“ für das Projekt gewinnen kann. Eine Möglichkeit wäre die Ausstattung mit „ausreichenden Ressourcen“, was auf die finanzielle För- derung der Content-Partner hinauslaufen würde. „Zur Steigerung der Kooperations- bereitschaft könnte beitragen, dass ein zen- trales, qualitätsgesichertes und vertrauens- würdiges Portal nicht nur für Bürger, son- dern auch für die am Auf- und Ausbau des Portals Beteiligten einen Nutzen hat.“ Die Angebote der Content-Partner könnten „durch das Portal sichtbarer, besser auffind- bar und in einen sinnvollen Gesamtrahmen eingebettet“ werden. Doch nicht nur im Hinblick auf die Beteiligung der wichtigen Content-Partner, auch in puncto Reichweite des Portals zeichnen sich erheb- liche Herausforderungen ab. Das ehrgeizige Ziel, die Plattform zum zentralen deutschen Internetangebot für Gesundheitsinforma- tionen zu machen, erfordert einen deutlich wahrnehmbaren Nutzen für die ratsuchen- den Patienten. Und nicht zu vergessen: eine gesicherte Finanzierung. br Welcher Evidenzbegriff soll gelten? K OMMENTAR 34 Politik
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