Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 05

zm 108, Nr. 5, 1.3.2018, (394) Eine 13-jährige Patientin kam in Begleitung ihrer Mutter mit einer seit drei Tagen pro- gredienten Schwellung des linken Unter- kiefers in unsere Klinik. Zuvor war durch den niedergelassenen Zahnarzt nach initia- ler Bildgebung bei Verdacht auf Vorliegen einer infizierten follikulären Zyste (Abbil- dung 1) eine enorale Inzision mit Einlage einer Drainage zur Entlastung durchgeführt worden. Im Lokalbefund zeigte sich eine stark druck- dolente perimandibuläre Schwellung des linken Unterkiefers (Abbildung 2), wobei die junge Patientin aufgrund der Schmerzen ihren Speichel nicht mehr schlucken wollte. Zur Feststellung der Ausdehnung und Ab- grenzung gegenüber Nachbarstrukturen erfolgte die weiterführende 3-D-Diagnostik mittels DVT (Abbildung 3). Aufgrund der klinisch ausgeprägten Beschwerdesympto- matik sowie radiologisch nicht eindeutigem Bild (follikuläre Zyste ausgehend von Zahn 38 beziehungsweise odontogene Kerato- zyste) erfolgten eine Probeexzision der Zystenwand sowie eine Erweiterung der Drainage in Intubationsnarkose. Der bereits vorhandene Schnitt wurde auf regio 35–37 vestibulär ausgeweitet und der subperiostale Knochen dargestellt. Das Knochenfenster der regio 37/38 konnte ohne Beschädigung der Zystenwand abge- hoben werden (Abbildung 4). Nach der Biopsie-Entnahme entleerte sich ein grießi- ges Material aus der Zyste. Es erfolgte eine ausgiebige Spülung, dann die Einlage einer neuen Drainage sowie eine postoperative i.v.-antibiotische Therapie mittels Ampicil- lin/Sulbactam (Unacid®). Der weitere Verlauf gestaltete sich komplika- tionslos, so dass die Patientin nach einem dreitägigen stationären Aufenthalt in die ambulante Weiterbetreuung entlassen wer- den konnte. Die histologische Begutach- tung der entnommenen Probe ergab in den überwiegenden Anteilen ein subepithelial gemischtes Entzündungsinfiltrat. Das dortige Plattenepithel zeigte sich mit ausgezogenen Retezapfen, intraepithelialen Entzündungs- zellen und einer Spongiosa deutlich ent- zündlich verändert. In anderen Abschnitten ließ sich ein flach strukturiertes Platten- epithel ohne Abfaltungen der Epitheltapete oder Tochterzysten erkennen. Wenige Bereiche imponierten mukoid mit einem proteoglycanreichen Stroma ohne Epithel- tapete. Histopathologisch war dieser Befund mit einer durch eine Entzündung kaschier- ten follikulären Zyste vereinbar, wobei diffe- renzialdiagnostisch eine orthokeratinisierte odontogene Zyste [Goedecke et al., 2017] nicht auszuschließen war. Somit erfolgte die Indikationsstellung zur Zystektomie. Hier wurde die Raumforderung komplett in Einzelteilen aus der Knochen- kavität gelöst, wobei sich am Boden des Der besondere Fall mit CME Die infizierte odontogene Zyste als diagnostisches Dilemma Diana Heimes, Andreas Erbersdobler, Peer W. Kämmerer Die Differenzialdiagnostik zystischer Veränderungen im Kieferbereich gestaltet sich im klinischen Alltag schwierig. Follikuläre und Keratozysten weisen ein epi- demiologisch vergleichbares Vorkommen auf. Kliniker präsentieren Fälle mit hohem diagnostischem Schwierigkeitsgrad. Alle Fotos: Kämmerer 42 Zahnmedizin

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